THE BUILDERS AND THE BUTCHERS

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On fire

Vier Jahre hatten sich die in Portland, Oregon ansässigen THE BUILDERS AND BUTCHERS seit

ihrem letzten Album „Western Medicine“ Zeit gelassen, im Mai erschien mit „The Spark“ endlich Longplayer Nr. 6 der einst in Alaska von Frontmann und Gitarrist Ryan Sollee gegründeten Formation. Nun ist das Genre des „Alt. Folk“ mittlerweile gut besetzt, doch THE BUILDERS AND BUTCHERS sind eine der wirklich herausragenden Bands auf diesem Feld, was hier einmal mehr durch das spezielle Timbre von Sollees Stimme und die gelungene Instrumentierung, die Piano, Orgel, Mandoline und Banjo umfasst, bewiesen wird. Ich bat Ryan um ein paar Antworten.


Im Song „All turn to fire“ singst du: „And the world is a tinder box / And the world is a dying pine“, auf Deutsch: „Und die Welt ist ein Pulverfass / Und die Welt ist eine sterbende Kiefer“. Auch in anderen Songs kommt ziemlich häufig „fire“ vor. Irgendwie lässt mich das an die Pazifikküste der USA denken, die bis vor kurzem unter einer starken Dürre litt. Warum hast du dieses Bild gewählt?

Gute Frage ... Das ist eigentlich ein umweltpolitisches Statement. Es fühlt sich an, als hätten wir die Hoffnung aufgegeben angesichts der Probleme, die wir haben und auch erkennen, aber nicht bereit sind, etwas dagegen zu unternehmen. Die Dürre in den USA fällt da genau rein. Politisch gesehen habe ich den Eindruck, dass wir kurz vor einem gewaltigen kulturellen Umschwung stehen und uns auf harte Zeiten einstellen müssen, und darauf, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen.

Von eurer Pulverfass-Metapher ist es nicht weit zum Klimawandel und dessen Leugnung, zu Amerikas neuer Regierung, die sich für den Kohleabbau ausspricht, und zum internationalen „Science March“ im April 2017.

Die Missachtung wissenschaftlicher Fakten durch die Mächtigen wie der Gesellschaft allgemein schafft eine sehr gefährliche Situation, in der jede absolute Wahrheit infrage gestellt werden kann. Die Rechten haben die Propagandaschlacht in den Medien gewonnen und es scheint immer schlimmer zu werden. Aber wirklich überrascht bin ich nicht. Das passiert nun mal, wenn es gut fürs Geschäft ist, die Wissenschaft zu ignorieren – wenn auch nur auf kurze Sicht. Auf der anderen Seite gibt es zum Glück eine Menge Leute, die realisieren, was passiert ist. Was mich hoffen lässt, dass es eine kämpferische Bewegung geben wird von wissenschaftlich denkenden, offenen Menschen.

Manche Songwriter drücken ihre Meinung völlig unverblümt aus, andere verpacken sie lieber in metaphorische Geschichten, so wie du. Siehst du dich damit in einer bestimmten Tradition?

Songs mit einer klaren Aussage sind, was sie sind. Du kannst sie nur auf eine Art und Weise deuten. Ich verwende lieber Metaphern, damit die Zuhörer ihre eigenen Erfahrungen mit einfließen lassen können und ein Song somit auf ganz unterschiedliche Weise verstanden werden kann. Einer bestimmten Tradition hänge ich dabei nicht an; ich versuche einfach nur, aufgeschlossen zu sein und so in mir neue Songs entstehen zu lassen.

Das Artwork eures Albums „The Spark“ gefällt mir sehr. Stell dir mal vor, du wärst ein Museumsführer und müsstest einer Besuchergruppe das Bild, seine Bedeutung und den Künstler erläutern.

Unser Freund Lukas Kentner, der für uns alle Alben gestaltet, ist inzwischen schon fast ein sechstes Bandmitglied, einfach weil seine Kunst eine sehr wichtige Rolle für die Band spielt. Zu einer Gruppe im Museum würde ich sagen: Dies ist eine klassische Arbeit im Stil der amerikanischen Südstaaten-Gothic. Im Mittelpunkt der Szene sehen wir eine Krähe auf einem Scheiterhaufen, die geopfert werden soll in einem reinigenden Feuer zu Befreiung der Seelen. Im Hintergrund sehen wir einen Küstenort, ein ankommendes Schiff und eine Kirche im Nebel.

Ursprünglich kommst du aus Alaska – eine Region, die man in Deutschland, dank unzähligen Dokumentationen mit wunderschönen Bildern, als ideales Touristenziel ansieht. Ich denke mal, dort zu leben hat auch seine Höhen und Tiefen, oder? Und warum lebst du inzwischen in Portland?

Ja, Alaska ist tatsächlich ein beliebtes Touristenziel, wunderschön und toll zu erkunden, aber dort zu leben hat seine Herausforderungen. Ich empfand Alaska als kulturell und geografisch von allem abgeschnitten. Wenn du dich nicht gerade künstlerisch auf Motive aus Alaska fokussiert bist, ist man als Künstler dort sehr eingeschränkt. Für Bands gibt es nur wenige Möglichkeiten, um aufzutreten. Die Winter sind sehr lang und sehr dunkel, weswegen viele Drogen nehmen oder in Depressionen verfallen. Dort aufgewachsen zu sein, sehe ich dennoch als sehr großes Glück. Es war eine einzigartige, den Charakter prägende Erfahrung, die ich nicht missen möchte. In Portland bin ich aber viel glücklicher.

Kannst du uns fünf Bands und Alben nennen, die beschreiben, wo du, musikalisch gesehen, herkommst?

Gerne! RUN ON SENTENCE „Oh When The Wind Comes Down“, MOUNTAIN GOATS „All Hail West Texas“, NEUTRAL MILK HOTEL „In The Aeroplane Over The Sea“, WHITE STRIPES „White Blood Cells“ und PEDRO THE LION „Control“.