35 Jahre später: URBAN WASTE - s/t (7“, Mob-Style, 1982)

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Als THE STIMULATORS den New-York-Punk härter spielten, brach mit den beginnenden Achtzigern eine ganz Schar von jugendlichen Bands aus Queens über den Big Apple herein, die den aggressiven, konfrontativen NYHC etablierten: KRAUT, HEART ATTACK, REAGAN YOUTH oder THE MOB, auf deren Label auch diese 7“ von URBAN WASTE erschien. Bei ihrer Gründung 1981 fast noch Kinder, eroberten URBAN WASTE die lokale Szene mit billigstem Equipment, auf dem sie aber einen neuen ungezähmten, chaotisch-kakophonischen Sound fabrizierten, der mit seinen kreischenden, stark verzerrten Buzzsaw-Gitarren und den grell klirrenden Becken gegenüber den auch hier zu findenden Trademarks des frühen NYHC einen eigenständigeren, weniger geradlinigen Weg nahm. Auch der Gesang zeigte schrillere, verzweifeltere Seiten, spätestens im Vergleich zum sich eher breitbeinig, mit verschränkten Armen und finsterer Miene aufstellendem und entsprechend klingendem NYHC der zweiten Welle mit AGNOSTIC FRONT, WARZONE und Co. Die verkörperten schon die zugerichteten Subjekte eines Lebens in heruntergekommenen Vierteln im ungemütlichen New York der Achtziger, die ihre Männlichkeit protzend zur Schau stellten und das Elend mit Lobgesang auf ihre Crew und Hood, über Loyalität und Zusammenhalt, auf ein aufrechtes Leben glorifizierten. Im Kern reaktionärer Dreck.

Bei URBAN WASTE hingegen gelangt das beschädigte Subjekt zu seinem musikalischen, schmerzhaften Ausdruck, in dem sich nicht nur wütend gegen die alltägliche Zurichtung aufgelehnt wird, sondern auch die Verzweiflung darüber vertont wurde, die noch nicht in Verhärtung umgeschlagen war. Wer sich diese steile These nun nicht einfach hat unterjubeln lassen und beim Lesen stockt, liegt richtig, denn natürlich ist das arg überzogen. Der spezifische Sound der acht Songs auf der URBAN WASTE EP resultierte schließlich vor allem aus der Unfähigkeit des Toningenieurs, der nicht wusste, wie er den gewünschten, noch neuen Hardcore-Sound aufnehmen sollte und laut Band, die von dem Ergebnis enttäuscht war, eher nach Zufallsprinzip an den Reglern drehte. Auch so kann man Klassiker produzieren.

Abseits dieser Zuspitzung bleibt die selbstbetitelte URBAN WASTE-7“ aber eine der besten des NYHC, wobei sie schon zahlreiche, kurz darauf bereits deutlich klarer herausgearbeitete Charakteristika des stadtspezifischen Stils aufweist, dabei aber nicht den unangenehmen Eindruck erweckt, Rock im Generellen und NYHC im Spezifischen ende zwangsläufig im Maskulinitätswahn. URBAN WASTE waren 1984 schon wieder Geschichte und auch den eng mit ihnen verbundenen MAJOR CONFLICT, wo einige Mitglieder nun einstiegen, war eine kaum längere Lebensdauer beschieden.