GNARWOLVES

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Touren, Skaten, Songs schreiben und Spaß haben

Mit ihrer DVD „European Tour 2014“ untermauerten GNARWOLVES aus England ihren Ruf als kiffende Skatepunks, die keine Party und keine Rampe auslassen. Dass hinter der lustigen Fassade jedoch auch ganz hervorragende Musik steckt, weiß jeder, der die Band kennt oder schon einmal live erlebt hat. Und seit ein paar Wochen ist nun „Outsiders“ draußen, das zweite Album nach der massiv abgefeierten selbstbetitelten Debütplatte von 2014, und glänzt wieder mit hinreißenden und unvergleichlichen Ohrwürmern. Mit Sänger Thom Weeks, der mit „George“ auch eine empfehlenswerte Soloplatte veröffentlicht hat, sprachen wir über „Outsiders“, Spaß und die üblichen Widrigkeiten für eine tourende Punkband.

Thom, seit der Veröffentlichung der „Adolescent-EP“ haben wir nicht viel von euch gehört, wie kommt’s?

Ja, wir hatten 2016 eine echt lange Tour durch Osteuropa, einige Festivals und eine UK-Tour zusammen mit FRONT BOTTOMS. Außerdem, muss ich gestehen, hat sich unser Fokus auch etwas verschoben. Max ist umgezogen, hat als Siebdrucker angefangen und sein eigenes Label gegründet, das Soul Doubt Records heißt. Charlie hat weiterhin an seinem Heshones Collective gearbeitet. Das heißt, er macht eine Menge Shows in Brighton. Außerdem spielt er in der Hardcore-Band STATE FUNERAL. Und ich war als Gitarrist mit SHIT PRESENT unterwegs und habe eine Soloplatte rausgebracht. Oh, und wir haben das verdammte Album geschrieben, das wir gerade veröffentlicht haben.

„Outsiders“ heißt es. Wer sind diese Außenseiter?

Ich. Du. Alle anderen. Es hängt davon ab, wie du die Musik interpretierst.

Gab es dieses Mal irgendwelche Unterschiede im Vergleich zu den vorigen Aufnahmen?

Der Hauptunterschied ist, dass wir die ganze Sache im großen Studioraum von The Ranch in Southampton live eingespielt haben. Du kannst all die kleinen Fehler hören. Für mich ist es die Platte, die am nächsten an unseren Live-Sound herankommt.

Wolltet ihr also möglichst ehrlich klingen?

Ja, schon. Obwohl ich auch verstehe, dass aus songwriterischer Perspektive eine interessante Lüge einen besseren Song hätte hervorbringen können.

Welche Einflüsse gab es für „Outsiders“?

CLOUD NOTHINGS, MARKED MEN, DEAD TO ME, BULLY, BANGERS, NOFX, die neue Platte von MARTA. Dann aber auch „The Outsiders“ von S. E. Hinton, alle Nick Hornby-Bücher und alle „The Complete Idiot’s Guide to XY“-Bücher. Und natürlich Bands, die wie die RAMONES klingen, und Schriftsteller, die sich lesen, als hätten sie ihre Ideen aus deinem Kopf gestohlen.

Wie lange arbeitet ihr an einem Song, bis er fertig ist?

Es hängt wirklich vom Song ab. Manchmal purzeln Melodie, Struktur und der Hook einfach so heraus, wenn ich im Bus sitze und wütend in mein Notizbuch kritzele und versuche, eine Idee festzuhalten. Zu anderen Zeiten offenbart sich eine Idee langsamer. Dann jammen wir und überarbeiten viel. Die Lyrics ändere ich sogar immer und immer wieder bis zu dem Tag, an dem wir sie aufnehmen. Und bis jetzt bin ich mit keinem Text, den ich je geschrieben habe, vollkommen zufrieden. Über Gefühle zu schreiben, ist eben irgendwie dumm, weil sich Gefühle ständig ändern.

Über Gefühle zu singen, kann aber auch therapeutisch sein.

Sicher, in dem Sinne, dass alle kreativen Dinge einen therapeutischen Wert besitzen. Wenn ich einen älteren Song singe, dann fühlt es sich ein bisschen so an, als würde ich eine alte Kruste aufkratzen, um zu sehen, ob es darunter noch blutet. Das Tollste ist immer der Moment, wenn der Song das Publikum erreicht und die Leute ihm ihre eigene Bedeutung geben. Deine Geschichte wird ihre Geschichte.

Was ist die Geschichte hinter dem Coverfoto? Sind das Socken, die auf einem Zaun hängen?

2015 waren wir mit THE STORY SO FAR auf US-Tour, die sich sehr gut um uns gekümmert haben. Das Foto ist so nebenbei entstanden. Unterwegs hatte Charlie seine Socken zum Trocknen nach draußen über einen Zaun gehängt und einfach ein Foto mit einer Einwegkamera davon gemacht. Voilà!

Warum habt ihr diesmal ein ernstes Layout einem Comicartwork vorgezogen?

Charlie hatte eine sehr klare Vorstellung vom Look der Platte und ich denke, er hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Er wollte eine Hommage an die ganzen Hardcore-Platten aus den Achtziger Jahren haben, die wir so lieben. Die Leute labeln die Platte mit dem Wort „ernst“, bloß weil sie das Frontcover sehen. Das finde ich interessant.

Jeder hat Pläne für die Zukunft. Was sind eure? Touren, skaten, aufnehmen, groß werden und Feature-Songs mit den FOO FIGHTERS machen?

Du hast die Frage schon für uns beantwortet! Ja, Touren, Skaten, Songs schreiben und Spaß haben. Musikjournalisten scheinen ja besessen davon zu sein, dass Bands endlich „groß werden“. Warum müssen wir versuchen, groß zu werden? Ich habe lieber eine schöne Zeit, als mich davon beunruhigen zu lassen, was für andere Leute Erfolg bedeutet.

Alles in allem würdest du also sagen, dass ihr glücklich darüber seid, wie die Dinge momentan laufen?

Absolut. Die Band gibt es jetzt schon länger, als wir es uns vorstellen konnten. Wir waren an wirklich aufregenden Orten und hatten die Möglichkeit, von vielen unser Helden enttäuscht zu werden. Wenn wir weiterhin all das machen können, werden wir so glücklich werden, wie es unsere kleinen degenerierten Gehirne zulassen.

Habt ihr trotz aller Bescheidenheit irgendwelche Träume oder Wünsche?

Es gibt da definitiv noch einen Haufen Bands, mit denen wir liebend gerne touren würden, genauso wie Orte, an die wir reisen wollen. Der Weg ist der interessanteste Aspekt am In-einer-Band-Sein für mich und ein finales Ziel, das es zu erreichen gilt, kann diesem Weg dabei im Weg stehen.

Gibt es auch was, das dich in den Wahnsinn treibt?

Klar. Kein Geld haben und die Erwartungen anderer Leute, wie eine Band zu sein hat. Dazu kommt, dass das lange Touren echt schlecht für den Realitätssinn ist und dass du irgendwann die gruseligen Angewohnheiten von jedem kennst, mit dem du auf Tour bist. Dann noch die ganzen Selbstdarsteller, die ich sehen muss, und dass ich nicht regelmäßig essen kann. Und dass ich keine Freundschaften zu Hause aufrechterhalten kann.

Es macht dir also Angst, dass ihr kein regelmäßiges Einkommen habt?

Es ist manchmal beängstigend, aber wir haben es uns selbst ausgesucht, in diesem prekären Umfeld zu arbeiten. Der Tag, an dem ich die Miete zahlen muss, ist immer der schlimmste im ganzen Monat! Aber es ermutigt mich, Geld verdienen zu können, ohne Verpflichtungen gegenüber einem Vorgesetzten oder einer Firma haben zu müssen.

Verstehen und unterstützen euch eure Freunde und Familien bei eurem unsicheren Lifestyle?

Alle unsere Freunde sind Punks! Ich kenne nicht viele Leute mit Karrieren und richtigen Jobs. Und unsere Familien sind arschcool und unterstützen uns, seit wir Teenager sind.

Auf Tour zu sein ist extrem anstrengend. Wie auf eurer Europatour-DVD zu sehen, habt ihr dennoch eine Menge Spaß. Gab es keine schlechten Momente?

Wenn du die DVD gesehen hast, dann weißt du, dass wir wirklich Spaß hatten. Sicher, es ist sehr herausfordernd und strapaziös, doch wir haben es immer geschafft, uns mit Freunden zu umgeben, und damit verhindert, dass sich die Touren wie „Geschäftsreisen“ anfühlen. Ich stelle mir Touren wie einen sehr, sehr anstrengenden Urlaub vor. Wir schwimmen, skaten, trinken, rauchen zu viel, reden den ganzen Tag Scheiße und machen Musik! Und natürlich passiert es dann auch mal, dass du mit neun Leuten in einem Van auf einem Parkplatz in Österreich übernachten musst. Aber so etwas ist am nächsten Tag vergessen, wenn du tolle Leute um dich herum hast.

Was ist mit einer Live-Platte, wäre das was für euch?

Live-Platten sind großartig! Wir haben eine von 2013 auf Bandcamp hochgeladen und werden vermutlich in diesem Jahr eine weitere machen.

Wie ist es für euch, jetzt quasi auf der anderen Seite zu stehen? Also nicht mehr die Kids zu sein, die zuhören, was ihre Idole ihnen zu sagen haben, sondern selbst auf der Bühne stehen?

Es ist merkwürdig! Ich schätze, die Bands, zu denen wir als Teenager aufgesehen haben, dachten bestimmt auch dasselbe. Wir sind echt glücklich, dass wir die Möglichkeit haben, kreativ sein zu können, und dass es ein Publikum gibt, das etwas mit dem anfangen kann, was wir machen.