LILLINGTONS

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Sonderbarer skurriler Scheiß

Die LILLINGTONS, eine Mitte der Neunziger in Newcastle, Wyoming gegründete Punkrock-Band. Immer mal abgetaucht, das letzte Mal so richtig im Jahr 2008, dann von 2013 bis 2015 mit diversen, unregelmäßigen Live-Auftritten wieder ab und zu präsent, um im Januar 2017 dann aus dem Nichts eine EP und ein neues Album anzukündigen. Die im Juni 2017 erschienene EP „Project 313“ erfüllte dann alle Erwartungen an die LILLINGTONS, bot sie doch den bewährten Mix aus melodischem wie melancholischem Punkrock mit Anleihen bei den RAMONES, obwohl diese offenbar gar nicht dafür Pate standen. Das soeben erschienene Album „Stella Sapiente“ überrascht mit Elementen aus den Achtziger Jahren, mit wavigen Sounds, mit IRON MAIDEN-mäßigen Metal-Harmonien und einer noch ausgeprägteren, düsteren Stimmung, als man sie von der Band bereits kannte. Dieses mag an den Themen des Albums liegen, welches sich mit Okkultismus und Astrologie auseinandersetzt. Sänger und Gitarrist Kody Templeman, der zudem seit vielen Jahren für TEENAGE BOTTLEROCKET verantwortlich zeichnet und mit THE HYBRIDS noch eine dritte Band am Start hat, erzählte uns Näheres über das Comeback der LILLINGTONS.

Kody, was war der Grund für das Comeback der LILLINGTONS und vor allem für das Schreiben neuer Songs und eines Albums?

Bis vor kurzem hatten alle Mitglieder der Band noch viele andere Dinge am Laufen und wir hatten nicht wirklich Zeit dafür. Wir spielten ein paar Reunion-Shows, stellten dabei allerdings fest, dass wir einen Riesenspaß auf der Bühne hatten. Und uns wurde klar, dass wir, falls wir weiter live spielen wollten, auch neue Musik schreiben mussten. Wir waren es den Fans auch schuldig, ihnen etwas Neues zu liefern und nicht nur das alte Zeug immer und immer wieder aufzuwärmen. Wir hatten zudem keine Lust, einfach ein neues Album zu veröffentlichen, ohne dass es wirklich etwas Besonderes, etwas Neues werden würde. Es sollte etwas sein, hinter dem wir wirklich stehen und das wir wirklich mögen würden. Unser Geschmack hat sich in den letzten zehn Jahren sehr verändert und wir waren gespannt darauf, etwas anderes auszuprobieren. Mehr im Einklang mit der Musik, die wir mögen, und die nicht zwingend Pop-Punk ist.

Ich war sehr gespannt, als ich erfuhr, dass ihr die EP „Project 313“ veröffentlichen würdet, welche ich großartig fand. Was bedeutet sie für euch? Habt ihr zu dem Zeitpunkt, als ihr sie aufgenommen habt, gewusst, dass euer neues Album völlig anders klingen würde?

Die EP haben wir im Grunde aufgenommen, um in gewisser Weise ein Kapitel abzuschließen. Wir wussten, dass wir mit dem Album etwas anderes machen wollten, aber wir hatten die Songs für „Project 313“ schon geschrieben. Wir haben überlegt, sie ganz zu verwerfen, aber wir fanden, dass es immer noch gute Songs waren. Also beschlossen wir, sie aufzunehmen und zu veröffentlichen. Die EP gefällt mir sehr gut und ich bin jetzt froh, dass wir sie gemacht haben. Meine einzige Sorge war, dass wir die Fans dazu verleiten könnten, diesen Sound dann auch auf „Stella Sapiente“ zu erwarten. Ich glaube aber, den meisten Leuten gefällt beides. Wir hörten allerdings auch Fans sagen, dass sie das neue Album nicht mögen, und ich kann das verstehen. Es gibt einige Pop-Punk-Fans, die sich für das neue Album nicht begeistern können. Wir versuchen, trotz dieser neuen musikalischen Entwicklung, das Ganze nicht auf einen bestimmten Sound zu beschränken. Das heißt aber nicht, dass wir in Zukunft nicht auch wieder poppigere Sachen aufnehmen werden.

Hattest du von Beginn an vor, all diese Achtziger-Jahre-Elemente in euren Sound zu integrieren und damit diese „Evolution“ in der Geschichte der LILLINGTONS zu forcieren?

Ja, definitiv. Wir alle sind mit der Musik der Achtziger Jahre und mit Metal aufgewachsen und wollten diese Erfahrungen in das Album mit einbauen. Ich denke, es gibt über bestimmte Genres hinaus eine Menge Musikstile, die als gute Rockmusik gelten können. Das war es, was wir uns eigentlich vorstellten, als wir diese Platte in Angriff nahmen: eine gute Rockplatte zu machen! Es ist dieselbe Mentalität, die wir 1999 bei „Death By Television“ hatten, aber wir waren damals nicht in der Lage, es auch so gut durchzuziehen und umzusetzen. Wir hatten vier Songs des neuen Albums bereits als Demo-Versionen aufgenommen, als wir im Studio waren, um „Project 313“ einzuspielen. Wir haben sie unserem Tontechniker Andrew Berlin vorgespielt und er war begeistert von dem ungewohnten Sound, den wir da produzieren wollten.

Wieso geht es auf eurem neuen Album um Astrologie, Geheimnisse und Okkultismus? Es passt perfekt zu den neuen, dunkleren Elementen in der Musik.

Bei einigen Songs hatten wir zuerst Ideen für einen Text, wir hatten einen Songtitel und haben um diese Elemente die Musik gebastelt. Bei anderen Songs fingen wir mit der Musik an und überlegten uns einen Titel und einen Text, der die Stimmung der Musik am besten repräsentiert. Wir haben uns mit diesenThemen beschäftigt, weil es etwas ist, das uns interessiert. Ein paar von uns waren in okkulte Vorgänge verwickelt, und einige von uns amüsieren sich gerne über Verschwörungstheorien und das ganze Zeug. Wenn sich jemand die Zeit nimmt, hier mal genauer anzuschauen, dann bin ich mir sicher, dass er herausfindet, dass es etliche Parallelen zwischen all den Dingen gibt, die damit zu tun haben.

Du hast kürzlich folgendes gesagt: „Wir haben erkannt, dass es andere Kräfte gibt, die mit uns an diesem Projekt arbeiten“. Was bedeutet das?

Ich kann dir keine konkreten Beispiele nennen, aber in unserem täglichen Leben ist uns eine Menge Scheiße passiert. Diese ganze Scheiße hatte oftmals seltsame Verbindungen und Anknüpfungspunkte zu den Songs, die wir geschrieben haben. Und das geschah so oft, dass wir schließlich an den Punkt kamen, wo wir es nicht mehr als Zufall betrachten konnten.

Hat dieses etwas mit „Glaube“ im Allgemeinen zu tun?

Oh ja, definitiv. Du kannst es Glauben nennen, wenn du möchtest, oder eine metaphysische oder unbewusste Manifestation. Aber es erreichte ein Level, wo es wirklich skurril wurde.

Wenn ich mir die LILLINGTONS anhöre, spüre ich immer eine morbide und seltsame Atmosphäre, die auch die RAMONES zum Teil mit ihren Alben erzeugen. Waren sie ein großer Einfluss für euch oder wie hat sich diese besondere Aura der LILLINGTONS entwickelt?

Nein, wir sind lediglich in sonderbaren und skurrilen Scheiß verwickelt, schätze ich. Wenn es musikalisch einen Einfluss gibt, dann würde ich sagen, es waren SAMHAIN. Und DANZIG. Diese ganze Ära von DANZIG hat etwas berührt, dem niemand sonst auch nur annähernd nahegekommen wäre. Diese Alben waren mit etwas verbunden, das man als echtes okkultes Wissen bezeichnen könnte. Das schien immer ein bisschen dunkler und gefährlicher zu sein. Extreme-Metal-Bands sind in der Regel bekannt dafür, dass sie das Okkulte propagieren und für sich verwenden, aber SAMHAIN und frühe DANZIG machten es offen, ohne die Texte in unverständlichem Gesang zu verstecken. Das machte es für mich immer etwas beängstigender und interessanter.

Was können wir in Zukunft von THE LILLINGTONS erwarten? Eine Tour in Deutschland?

Ja, wir planen eine Tournee für 2018. Wir wollen auf jeden Fall nach Europa und in andere Gegenden und Länder reisen, wo wir noch nie waren. Wir haben auch eine Menge Ideen, um bald mit dem Schreiben eines Nachfolgealbums zu beginnen.

Gibt es ein Geheimnis hinter deinem immensen Output?

Dahinter steckt kein Geheimnis. Ich mag einfach nur Musik und ich habe versucht, mich dauerhaft damit zu beschäftigen. Ich habe aktuell ein paar Songs für ein neues TEENAGE BOTTLEROCKET-Album geschrieben und spiele auch mit den Jungs von THE HYBRIDS. Wir haben ein Album namens „When It’s Over“, das gerade auf Clearview Records erschienen ist, und wer auf FACE TO FACE oder PEGBOY steht, wird es vielleicht mögen. Je älter ich werde, desto mehr nutze ich es aus, dass ich fähig bin, Songs zu schreiben, diese aufzunehmen und auf Tour gehen zu können. Ich bin mir sicher, dass eine Zeit kommen wird, in der es mir nicht mehr möglich sein wird, all diese Dinge zu tun.