Maxwell „Mackie“ Jayson (CRO-MAGS, BAD BRAINS, LEEWAY)

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MY LITTLE DRUMMER BOY, Folge 43

Wahrscheinlich gibt es nur wenige Leserinnen oder Leser dieser Zeilen, die das legendäre CRO-MAGS-Album „Age Of Quarrel“ nicht in ihrem musikalischen Archiv haben. Mackie Jayson war sowohl damals als auch heute die treibende Kraft für den brachialen Sound der Band. Neben den CRO-MAGS hat er seine Energie jedoch auch bei vielen anderen Bands eingebracht und deren Sound maßgeblich geprägt. So war es keine Frage, dass Mackie anlässlich der CRO-MAGS Deutschlandtour nun als Ox-Drummerboy auserwählt wurde, der sich unseren Fragen im Berliner Cassiopeia gern stellte.

Mackie, hast du schon als kleiner Junge auf den Pfannen und Töpfen in der Küche deiner Eltern getrommelt?


Ja, solche Geschichten gibt es von mir wirklich. Kennst du diese Treteimer, wo man den Deckel so schön auf und zu treten kann? So einen hatten wir zu Hause in der Küche stehen und ich habe regelmäßig darauf rumgetreten und dazu auf Töpfen getrommelt. Für meine Eltern war das völlig okay und sie haben sich eigentlich nie daran gestört, aber als ich später mein erstes wirkliches Schlagzeug bekam, änderte sich die Sache. Wir wohnten damals in einem Mehrfamilienhaus und die Nachbarn fühlten sich von dem ganzen Krach so manches Mal gestört. Wenn ich bei meinen Eltern zu Besuch bin, erinnern sich manche Nachbarn noch heute daran, wie viel Lärm ich damals gemacht habe. Aber sie freuen sich alle für mich, dass ich es tatsächlich zum Profimusiker gebracht habe.

In welchen Alter hast du das erste Mal daran gedacht, dass vielleicht ein Schlagzeuger in dir stecken könnte?

Eigentlich habe ich daran schon gedacht, als ich noch sehr klein war. Ich glaube, ich ging damals noch in die erste Klasse, als meine Eltern zu mir sagten, ich solle besser gut in der Schule aufpassen, weil aus einer Karriere als Drummer vielleicht nichts werden würde. Ich habe also schon sehr früh in der Schule getrommelt und die Lehrer haben mich auch gewähren lassen, so dass ich völlig ohne Band vor mich hin trommeln konnte. Ich durfte damals sogar solo vor Publikum trommeln und das hat mich in meinem Wunsch natürlich bestärkt.

Wolltest du immer Schlagzeug spielen oder hast du auch versucht, andere Instrumente zu lernen?

Wir hatten an unserer Schule eine Schulband und alle Schüler sollten damals irgendein Instrument lernen. So kam es, dass ich ungefähr ein Jahr Trompete gespielt habe. Aber ich konnte mich mit der Trompete nie wirklich anfreunden und so habe ich schnell wieder zum Schlagzeug gewechselt.

Wann hast du dein erstes eigenes Drumset bekommen?

Weil meine Eltern schnell mitbekamen, dass ich immer auf irgendwas herumtrommele, haben sie mir irgendwann ein Kinderschlagzeug gekauft. Wir hatten ein Woolworth-Kaufhaus bei uns um die Ecke und da gab es für wenig Geld ein kleines Spielzeugschlagzeug, das meine Eltern wohl für geeignet hielten. Danach hatte ich für sehr lange Zeit gar kein eigenes Schlagzeug und ich habe selbst bei den ersten Gigs, die ich gespielt habe, immer das Drumset der anderen Bands benutzen müssen.

Hattest du jemals Unterricht oder hast du dir alles selbst beigebracht?

Ich ging später auf eine musikalisch ausgerichtete Highschool, aber natürlich konnte ich da schon spielen, denn ich hatte ja mein ganzes Leben lang schon immer getrommelt. Als Kind und Teenager habe ich mir alles selbst beigebracht, einfach indem ich beim Radio und Fernsehen gut zugehört habe. Meine Eltern hatten zwar auch Schallplatten im Schrank, aber das waren so Motown-Platten und klassische Rockmusik, so dass ich lieber moderne Popmusik im Radio gehört habe. Dann habe ich mit meinem Kinderschlagzeug vor dem Radio gesessen und Songs nachgespielt.

Als „Age Of Quarrel“ 1985 aufgenommen wurde, warst du gerade mal 16 Jahre alt. Wann hast du angefangen, in Bands zu spielen?

Das war wirklich schon viel früher und die erste Band, in der ich spielte, war eine Coverband, in der wir Liebeslieder von CHICAGO nachgespielt haben. Das hatte mit Punkrock noch nichts zu tun und, um ehrlich zu sein, noch nicht einmal mit Rock. Ich hatte also zunächst mit härterer Musik gar keine Berührungspunkte. 1983/84 habe ich dann mit den Jungs, die später wieder die BAD BRAINS wurden, in einer Band namens ME AND I gespielt und so hat eigentlich alles begonnen. Dr. Know und Darryl waren Anfang der Achtziger von Washington DC nach New York umgezogen und wir spielten damals eine Mischung aus Rock, Funk und Reggae, aber keinen Hardcore. Später haben sie dann einige der Songs, die wir damals schon hatten, auf dem Album „I Against I“ veröffentlicht. „She’s calling you“ und „Sacred love“ sind zum Beispiel Stücke, die wir schon Jahre zuvor zusammen geschrieben hatten. Später habe ich für zwei Jahre bei den CRO-MAGS gespielt, diese aber 1986 schon wieder verlassen. Wenn ich damals zwei oder drei Jahre in einer Band gespielt hatte, fühlte es sich schon sehr lang an.

Hast du eigentlich nach der Schule einen „richtigen“ Beruf gelernt?

Nein, ich hatte das Glück, dass ich schon sehr früh in sehr vielen Bands gespielt habe und so meinen Lebensunterhalt immer als Musiker bestreiten konnte. Ich hatte immer – und habe auch noch heute – so viele verschiedene Projekte am Laufen, dass ich als Profimusiker ganz gut über die Runden kommen konnte.

Gibt es bei den vielen Alben, die du als Drummer aufgenommen hast, ein bestimmtes, das dir aus irgendeinem Grund besonders am Herzen liegt?

Ich mag das Album der Band CHARLES & EDDIE sehr. Das war so eine R&B- und Motown-Band und der Drumsound auf der Aufnahme klingt sehr natürlich. Damals gab es ja noch keine Protools-Software im Studio und die Aufnahmen klangen folglich noch ziemlich „oldschool“. Da hörten sich die Drums wirklich nach Drums an, genauso, wie sie vor dir standen. Es ist ja so, dass der Drumsound einfach anders klingt, sobald du versuchst, ihn mit einem Mikrofon aufzunehmen. Die natürliche Akustik der Drums wird dann verändert, aber auf diesem CHARLES & EDDIE-Album klingen die Drums wirklich nach Drums, so wie sie klingen sollten. Am liebsten würde ich immer den zuständigen Tontechniker zu mir in den Aufnahmeraum zitieren und ihm sagen, er möchte genau hinhören und den Drumsound einfach genauso aufnehmen, wie ich ihn bei mir im Raum höre. Nicht mehr und nicht weniger, aber die wenigsten Techniker sind dazu in Lage.

Magst du die Arbeit im Studio oder spielst du lieber live?

Ich liebe die Arbeit und den Aufnahmeprozess im Studio. Ich bin immer auf der Suche nach dem ursprünglichen Sound der Drums. Wenn du dir alte LED ZEPPELIN-Aufnahmen von John Bonham anhörst, dann spürst du, dass da genau dieser ursprüngliche Sound eingefangen wurde. Ich selbst versuche immer, meine Tracks komplett am Stück einzuspielen. Mit Protools ist es zwar heutzutage kein Problem, Stücke aus mehreren Teilen zusammenzufügen, aber ich bevorzuge es für mich selbst, sagen zu können, der Song wurde in einem Take eingespielt. Manchmal bin ich mit einem Song schon ganz zufrieden, dann mache ich eine Pause, gehe auf die Straße, um eine zu rauchen, und wenn ich nach der Pause eine weitere Aufnahme mache, klingt sie häufig noch besser. Aber manchmal eben auch nicht.

Hast du jemals mit Doppelbassdrum experimentiert?

Ja, als ich Anfang der Achtziger in New York in der Band THE ICEMEN war, brauchte ich eine Doublebass, da wir auch viele Metal-Einflüsse in unserer Musik hatten. Ich habe aber nur ein Doppelpedal und nicht wirklich zwei Bassdrums. Ich glaube, ich war schlecht an der Doublebass, aber die Band wollte es so.

Gibt es Drummer, die dich zu Beginn deiner Karriere maßgeblich beeinflusst haben?

Da gab es sehr viele. Das Problem war eigentlich immer, dass man bei der ganzen Musik, die man damals im Radio gehört hatte, nie wusste, wer eigentlich der Drummer war. Ich mochte zum Beispiel die ganzen Schlagzeuger, die mit James Brown gespielt haben, aber auf den wenigsten Platten wird überhaupt aufgeführt, wer da zu hören ist. Das kam dann erst viel später, aber bei den alten Motown-Platten wusste eigentlich niemand, wer da wirklich getrommelt hat. Später mochte ich den Stil von Earl sehr, als er bei den BAD BRAINS spielte, und auch Spit Stix, der bei FEAR war, machte wirklich verrückte Sachen. Später habe herausgefunden, dass er eine Ausbildung in einem klassischen Spielmannzug hatte, wie sie in den Kleinstädten hier häufig zu finden sind. Aber bei uns in New York gab es so etwas nicht.

Woran liegt es, dass du zum einen kein klassisches Ride-Becken benutzt und zum anderen deinen Drumhocker so hoch drehst, dass du beim Spielen fast zu stehen scheinst?

Gut beobachtet, wobei eines meiner Becken tatsächlich ein Ride/Crash-Becken ist, das ich aber eigentlich nur als Crash benutze. Ich habe im Laufe der Jahre für mich entdeckt, dass ich für Hardcore-Songs kein Ride-Becken benötige, weil ich doch nur auf den Crash-Becken spiele. Es passiert wirklich selten, dass ich für einen Chorus mal ein Ride-Becken brauche, aber dann tut es das Crash/Ride auch. Bei ruhigerer Musik, wie R&B oder Funk, wo man diesen typischen Ping-Sound des Ride-Beckens benötigt, habe ich auch welche in meinem Set, aber nicht bei einer CRO-MAGS-Show. Meine Sitzposition hat sich über die Jahre immer wieder mal verändert. Als Teenager habe ich noch sehr hoch auf meinem Drumhocker gesessen, aber dann fand ich es für lange Zeit irgendwie cool, die Becken möglichst hoch und den Hocker möglichst niedrig zu haben. Bis ich feststellte, dass das irgendwie doch unbequem war und ich den Drumhocker wieder viel höher geschraubt habe. Jetzt sitze ich fast aufrecht und habe es sehr bequem. Außerdem ist diese Position auch deshalb von Vorteil, weil ich so viel härter und lauter spielen kann, ohne mich groß verrenken zu müssen. Der Winkel zu den Becken ist so einfach besser und ich kann frontaler zuschlagen.

Wie würdest du deinen eigenen Stil beschreiben?

Jede Band, in der ich spiele, erfordert einen eigenen Stil. Ich würde also sagen, mein Stil muss immer stilistisch zur jeweiligen Musik passen. Bei den CRO-MAGS will ich nicht wie ein Jazz-Drummer klingen und wenn ich Reggae spiele, möchte ich nicht wie ein Hardcore-Drummer klingen. Das ist also immer sehr unterschiedlich. Stilistisch korrekt zu spielen ist das, worauf es ankommt.

Welche Projekte stehen an, wenn du nach der CRO-MAGS Tour nach Hause kommst?

Ich habe eine neue Band mit Dr. Know von den BAD BRAINS und Chino Moreno von den DEFTONES am Start, die sich SAUDADE nennt. Diesem Projekt wollen wir uns jetzt verstärkt widmen, denn bisher haben wir nur ein paar Songs aufgenommen und würden gern ein ganzes Album zu Wege bringen.