LE BUTCHERETTES

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From south of the border

Teri Gender Bender ist eine beeindruckende Frau. Aufgewachsen in Denver in den USA, zog sie im Teenager-Alter nach Mexiko, nach Guadalajara, entdeckte die Latino-Punkszene für sich und gründete 2007 mit LE BUTCHERETTES ihre eigene Band, in der sie die klare Chefin ist. Die Besetzung wechselte mehrfach über die Jahre, zwischendurch war mal Omar Rodríguez-López ihr Bassist und auch Produzent. Nach dem Debüt „ Sin Sin Sin“ (2011) auf Omars Label erschienen die beiden Nachfolger „Cry Is For The Flies“ (2014) und „A Raw Youth“ (2015) beide auf Mike Pattons Ipecac-Label und brachten Teris Band wachsende Bekanntheit. Mit „bi/MENTAL“ ist nun auf Rise das vierte Album erschienen, und ich sprach darüber mit der Bandgründerin, Sängerin und Gitarristin.

Wo erreiche ich dich? Mal wird LE BUTCHERETTES als Band aus El Paso bezeichnet, dann als eine aus Los Angeles.


Also gerade bin ich aus El Paso nach Los Angeles zurückgekehrt, es ist ein ständiges Hin und Her. Und davor haben wir in Mexiko auf einem Festival gespielt.

Du stammst aus Mexiko. Wie geht es dir mit den ständigen Beschimpfungen von allen Menschen von südlich der Grenze durch Präsident Trump?

Rassismus ist für mich keine neue Erfahrung. Und Trump ist ja nicht der erste Präsident, der sich rassistisch äußerst, er macht das nur ganz offen. Er kommt mir vor wie eine lächerliche Figur aus einem Comic, er spielt eine Rolle, er will, dass wir wütend werden, aber den Gefallen tue ich ihm nicht, ich lache lieber über ihn und darüber, was er repräsentiert. Es ist ja alles nicht neu. Er verdient es ja nicht mal, als Rassist bezeichnet zu werden, so sehr verachte ich ihn. Im Ernst, selbst als Rassist gibt er ein schwaches Bild ab, hahahaha. Und zumindest haben seine Aussagen den Vorteil, dass diesen Rassismus niemand mehr abstreiten kann, auch nicht irgendwelche Liberale aus Kalifornien, die so sehr in ihrer Blase leben, dass sie das gar nicht checken. Die denken, die ganze Welt wäre wie Kalifornien, und denen sage ich, sie sollten sich doch mal besser in Mittelamerika oder Mexiko umschauen, dann werden sie schon merken, was noch alles zu tun ist.

Wie äußert sich Rassismus in deinem Leben? Ich frage das als weißer Deutscher, der mitten in Europa lebt und entsprechende Erfahrungen nicht kennt.

Jeder von uns hat doch seine eigenen Kämpfe auszutragen, oder? Ob nun weißer Mann oder Latina, ob Transgender-Person oder schwarzer Mann. Ich kenne es nicht anders, denn für mich als aus Mexiko stammende Frau war es schon immer beängstigend. Ich komme nicht aus einer reichen Familie. Wir waren nicht arm, aber gerade mal eine Stufe darüber. Ich wuchs in einem ziemlich gefährlichen Stadtteil von Guadalajara auf und schon die alltäglichen Dinge, etwa mit dem Bus zur Probe zu fahren, waren schon eine grenzwertige Erfahrung – oft wurde ich angegriffen, musste davonlaufen. Bat man offizielle Stellen um Hilfe, war das auch keine angenehme Erfahrung, alles ist durchzogen von Korruption, du musst die Polizei bezahlen dafür, dass sie was tut. Mit diesen Erfahrungen aus Mexiko kann ich die Annehmlichkeiten, die die USA bieten, nun umso mehr schätzen. Das mag oberflächlich klingen, aber Sicherheit ist etwas ganz Grundsätzliches: Ich kann hier in den USA mitten auf der Straße mit dir telefonieren und mich ganz darauf konzentrieren, ohne mich ständig paranoid umschauen zu müssen. In Mexiko wäre das nicht möglich. Ganz lässt einen so was aber nie los, weshalb ich dieses Verhalten immer noch nicht ganz abgelegt habe. So bin ich eben aufgewachsen. Aber trotz allem finde ich, dass wir uns ja als Menschheit weiterentwickeln. Im Vergleich zu den Sechzigern sind wir etwa bei den Frauenrechten doch ein ganzes Stück weiter, weshalb ich es für unfair halte, da eine total fatalistische Einstellung an den Tag zu legen – damit tun wir den Vorkämpfern in Sachen gesellschaftlichen Fortschritts unrecht.

Welche Rolle spielte Punkrock in deiner Entwicklung hin zu einer Persönlichkeit, die sich gesellschaftlicher und politischer Themen bewusst ist und sich engagiert?

Manche Menschen sind da wie ein Magnet, die fühlen sich davon angezogen, die sind hungrig nach so was. Zuerst war ich hungrig danach, meine Wut loszuwerden – und das nicht auf „typische“ Weise, etwa durch Ritzen. Und das lief über Musik, die DEAD KENNEDYS öffneten mir die Augen, in deren Texten steckt so viel Bedeutung und Wut. Ich war damals noch ein Teenager in Guadalajara, ich tauschte in der Schule Musik, lernte damals sehr viel über mexikanischen Punk. Ich verbrachte auch ein paar Jahre meiner Kindheit in Denver, und als ich dann nach Mexiko zurückkam, war das ein Kulturschock. Mir war vorher gar nicht bewusst gewesen, dass Punk nicht nur ein westlich-amerikanisches Phänomen ist, sondern auch in Mexiko und Lateinamerika existiert. Das war cool. Ich mag diese Vermischung von Punk mit urbaner mexikanischer Kultur und Folklore.

Apropos DEAD KENNEDYS: Jello Biafra ist Gastsänger beim Album-Opener „Ghostwaves“. Wie kam das?

Man, das ist so cool, da wurde ein Traum wahr! Jetzt kann ich beruhigt sterben, hahaha. Der Mann ist für mich eine Ikone, ich schaue wirklich zu ihm auf, interessiere mich für alles, was er macht. Wir sind beide sehr extreme Individuen, es macht mir großen Spaß, mit ihm zu diskutieren. Mittlerweile sind wir gut befreundet. Das Ganze fing damit an, dass er LE BUTCHERETTES zufällig bei einem Festival in San Francisco sah. Ich sprach ihn an, wir blieben in Kontakt, und ein paar Jahre später lud er uns ein, als Vorband zu spielen irgendwo in Kalifornien. Es macht Spaß, sich mit ihm auszutauschen, von ihm gibt es immer ungefiltertes Feedback, er ist offen und ehrlich, auch wenn einem das vielleicht Unbehagen bereitet. Irgendwie ist er damit ziemlich deutsch, findest du nicht? Ihr sagt doch auch immer sehr direkt, was ihr denkt. Aber um nun auf seinen Einsatz bei „Ghostwaves“ zurückzukommen: Sein Spoken-Word-Part geht auf Omar Rodríguez-López zurück, der schrieb den. Omar ist ein guter Freund, wir haben schon mehrfach zusammengearbeitet, und es ist schön, ihn auch diesmal dabeizuhaben. Omar schlug Jello als Sprecher vor, deshalb fragte ich ihn. Omar macht ja mittlerweile wenig in Sachen Musik, er sieht sich jetzt eher als Schauspieler und Aktivist. Jello gefiel die Idee, und wir haben seinen Sprechpart auch auf Video aufgenommen, so dass wir das hoffentlich auch eines Tages veröffentlichen können. Und dann sieht man auch meine Mutter, die war nämlich auch dabei. Das Album ist nämlich eine Ode an meine Mutter und meine verrückte Beziehung zu ihr. Die wusste zu diesem Zeitpunkt, als sie in dieser Szene mit Jello zu sehen ist, gar nicht, dass das Album etwas mit ihr zu tun hat.

Kannst du mir etwas mehr zu diesem familiären Hintergrund verraten? Das Album trägt den Titel „bi/MENTAL“, es wird beschrieben als „a personal ode to mental health“, es heißt „the band dissect the meaning of family“.

Zunächst möchte ich sagen, dass das Album so angelegt, dass jeder es verstehen kann, überall. Es ist an keiner Stelle schwarzweiß, alles kann verschieden interpretiert werden, jeder kann etwas anderes darin erkennen, auch wenn man nichts über die Band weiß. Was ich dir dazu erzählen kann, ist, dass ich versuche zu erklären, wie man es schafft – ob das nun ich heute bin oder ich früher – endlich damit aufzuhören, nach der perfekten Familie zu suchen. Ich kam mir immer irgendwie seltsam vor, weil mein Familienleben so instabil war, und später habe ich dann kapiert, dass ich nicht die Einzige mit so einer Erfahrung bin, dass da draußen noch eine Menge anderer Menschen sind mit gekappten Wurzeln, die keinen Kontakt mehr zu einigen Familienmitgliedern haben. Vieles davon hat mit mentalen Problemen zu tun, und das ist in der mexikanischen Kultur bis heute ein großes Stigma. Um die Liebe eines kranken Menschen kämpfen zu müssen, dem es nicht besser gehen wird, solange der das nicht selbst will, das ist eine harte Erfahrung mit viel Licht und viel Schatten. Sich in dieser Dunkelheit nicht zu verlieren ist hart, denn es ist so leicht sich abzuschotten und der ganzen Welt die Schuld zu geben. Mann, ich rede echt zu viel heute – ich hatte gerade einen Kaffee, das war keine gute Idee ...

Schon okay. Wenn du von „darkness“, von Dunkelheit sprichst, meinst du damit Depression, oder?

Natürlich. Ich rede davon, sich mit einer Depression abzufinden. Vielleicht wirst du sie nicht loswerden, aber zumindest kommst du damit irgendwie klar. Nutze sie als eine Art Rüstung. Es ist leicht, irgendwas zu sagen in der Art wie: „Ach, da kommst du schon darüber hinweg, das gibt sich.“ Aber das braucht eine lange Zeit und Aussagen wie diese helfen dir nicht weiter, wenn du mittendrin steckst in so einer Scheiße. Erst brach meine Mutter zusammen und dann ich. Vielleicht habe ich jetzt schon zu viel erzählt, aber das ist eben alles der Hintergrund das Albums. Es war eine schwierige Phase in meinem Leben, aber ich hoffe, die Leute können das Album trotzdem genießen, Spaß damit haben, tanzen.

Musikalisch wirkt das Album ganz anders: Es ist fröhlich und mitreißend, nicht düster.

Danke! Das ist schön, dass du es so empfindest und siehst. Dann habe ich es wohl geschafft, diese Traurigkeit in etwas Schönes zu verwandeln, es ist eine Transzendenz. So wie du aus einfachen Zutaten einen leckeren Kuchen machst, den du genießen kannst. Und dazu gibt es Kaffee und Menschen kommen zusammen, unterhalten sich, sind fröhlich.

Wir sprachen vorhin über Jello Biafra als Gast auf dem Album. Mit Alice Bag hast du eine weitere Gastsängerin. Die kennt man als Sängerin der Seventies-L.A.-Punkband THE BAGS, sie ist aber auch eine wichtige feministische Aktivistin. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Ich bin schon lange ein totaler Fan von ihr. Ich hörte erstmals etwas von ihr und den BAGS durch den Film „The Decline of Western Civilisation“. Seitdem interessiere ich mich für Freaks und Weirdos mit echten Überzeugungen. Als ich dann mit den Aufnahmen zu „bi/MENTAL“ beschäftigt war, wurde ich von einer Musikorganisation gefragt, ob ich nicht ein Interview mit ihr führen wolle, über ihr Leben. Ich recherchierte über sie, las ihre Bücher. Sie ist eine echte Künstlerin, wie ich es auch einmal sein will. Auch ich schreibe gerne. Und sie macht eben nicht nur Musik und schreibt, sie ist auch Aktivistin, spricht auf Konferenzen, hält Vorlesungen. Sie ist jemand, der ständig viel gibt. Und sie stellt Dinge in Frage. Und gleichzeitig ist sie sehr bescheiden. Sie hat einen harten familiären Hintergrund als Latina, Chicana. Ach ja, und sie ist Historikerin. Sie archiviert viel Material über Bands aus den Sechzigern, Siebzigern und Achtzigern. Sie erzählte mir, wie sie es nervt, wenn etwa die L.A. Times einen Bericht über Punkrock bringt und einmal mehr nur die weiße Sichtweise wiedergegeben wird. Sie fährt dann schon mal zu denen und erklärt denen, dass es auch eine ganz andere Sichtweise gibt. Sie kämpft für die Pioniere des Genres, für andere Künstler. Und das ist eine Seltenheit heutzutage, wo es allen nur noch um sich selbst geht. Da tut es gut, jemanden wie sie zu erleben, die sich fragt, was wir tun können, um die Kunst-Community besser zu machen. Die Zusammenarbeit mit ihr war sehr einfach: Ich spielte ihr den Song vor und sie machte ihn zu ihrem eigenen, fügte eine ganze neue Dimension hinzu. Und wir tauschten uns über unsere Probleme aus – ich erzählte ihr von meiner Mutter, sie von ihrer Tochter, ich konnte meine Mutter danach besser verstehen, sie ihre Tochter. Das Lied zusammen aufzunehmen war eine schöne, kathartische Erfahrung: sie brüllte, ich brüllte. Und genauso toll war übrigens die Zusammenarbeit mit Mon Laferte.

Dieser Name sagt mir ehrlich gesagt gar nichts.

Mon Laferte wurde in den Slums von Viña del Mar in Chile geboren. Sie war eine arme Musikerin, spielte ihre Musik auf der Straße, aber als Frau wurde sie als Künstlerin nicht ernst genommen. In Chile, wie in Mexiko auch, hast du es als Musikerin sehr schwer, die Radioleute nehmen dich nicht ernst, sie spielen deine Musik einfach nicht, wenn du eine Frau bist. Für die hat ein männlicher Musiker immer mehr Potenzial. Total lächerlich. Aber sie war so hungrig danach, Musik zu machen, dass sie sich nach Mexiko aufmachte, noch mal von vorne begann und so lange auf der Straße und in der U-Bahn Musik machte, bis man auf sie aufmerksam wurde. Nach und nach baute sie sich eine loyale Anhängerschaft auf – und heute füllt sie ganze Stadien. Sie hat durchgehalten, an sich selbst und ihre Vision geglaubt, obwohl kein anderer an sie glaubte, auch ihre Familie nicht. Mittlerweile hat sie einen Grammy gewonnen, aber das ist ihr gar nicht wichtig. Sie will einfach nur als Künstlerin besser werden. Es ist für mich total super, sie auf dem Album zu haben, ich liebe ihre Philosophie, ich habe sie gerne als Freundin. Und natürlich hat sie eine unglaubliche Stimme und ein unfassbares Talent für Songwriting. Die schnappt sich eine Gitarre und in zwanzig Minuten steht ein neuer Song. Omar Rodríguez-López hat übrigens ihr aktuelles Album produziert. Die hat das in einem Take eingespielt, so was macht heute keiner mehr, anders als in den Fünfzigern oder Sechzigern, als das normal war, weil man sich mehrere Durchläufe gar nicht leisten konnte. Mittlerweile hat sie auch in den USA immer mehr Erfolg, aber sie ist eine ganz bescheidene Person geblieben.

Deinem Album merkt man an, dass da auch der Aspekt von weiblichem Empowerment eine Rolle spielt.

Ich denke, das kam ganz von alleine. In meinem Leben als Teresa Suárez Cosío habe ich vier männliche Freunde und ansonsten Freundinnen, und irgendwie hat sich das mit meinen Überzeugungen einfach so ergeben. Auch meine Freunde teilen feministische Ideen. Ich selbst würde mich nicht als super feministisch bezeichnen, das hat sich einfach so ergeben – einfach weil es so offensichtlich ist, dass Frauen die gleichen Rechte haben sollten wie Männer. Ich bin nicht die ganze Zeit politisch oder so, ich rede auch gerne einfach nur Quatsch und habe Spaß, und auch das kann einen motivieren. Ich habe eine harte Zeit hinter mir, in der ich wie Scheiße behandelt wurde, jetzt will ich meine Kunst machen und Spaß haben. Und sollte ich mal keinen Spaß mehr daran haben, werde ich nicht rumheulen, sondern mir einfach wieder einen normalen Job suchen.

Was hast du früher gemacht?

Irgendwelchen Scheiß, um meine ganze Musikausstattung zu bezahlen. McDonald’s und so weiter. Ich hasse es, Leute um einen Gefallen bitten zu müssen, ich habe meinen Stolz. Und durch die Jobs konnte ich bezahlen, was ich für die Band brauchte. Und natürlich für gutes Essen, ich liebe Essen! Ich liebe Broccoli – mit ein paar Zwiebeln in Olivenöl angebraten, wundervoll. Je einfacher, desto besser. Und ich liebe Zwiebeln, alles mit Zwiebeln ist super. Ich habe eine Weile vegan gelebt, aber mich nicht gut ernährt, nur so Fake-Zeug gegessen, viele Kohlenhydrate, und das tat mir nicht gut.

Wir hatten intern eine Diskussion darüber, ob es gerechtfertigt oder nötig ist, Frauenbands gezielt zu fördern – also etwa eine Band deshalb auf das Magazincover zu nehmen, obwohl man eine Männerband in dem Moment bevorzugen würde.

Ich kenne diese ganze Diskussion natürlich, und irgendwie fand ich es früher doof, wenn eine Band nur aus diesem Grund auf einem Cover landete. Mittlerweile finde ich, dass man dieses Opfer einfach bringen muss, als Community, als Magazin. Das männliche Geschlecht muss einfach etwas zurückstecken. Ich sehe das ähnlich wie in der Debatte über männliche Übergriffe, wo es auch falsche Anschuldigungen gab und Männer falsch beschuldigt wurden, zum Opfer wurden. Ja, das ist schlimm, aber ich denke, auch das ist ein Opfer, das angemessen ist für die Sache. Irgendwie ist das scheiße, aber so versuche ich da für mich etwas Logik reinzubringen. Und so sehe ich es auch mit Bands mit weiblichen Genitalien. Bring die jetzt aufs Cover, solange wir noch einen so progressiven Zeitgeist haben. Vielleicht müssen wir dieses Opfer jetzt bringen, vielleicht geht das ja nicht für immer. Aber letzten Endes kann uns auf diesem Weg die Hilfe eines liberalen politischen Umfelds zwar helfen, aber wirklich voranbringen wird dich nur eigene Hartnäckigkeit. Deine Frage war gut und ich hoffe, ich konnte sie gut beantworten. Wobei ich die Antwort eher in Bezug auf Mainstream-Medien verstanden sehen will, ich denke, deine Leserschaft hat soviel Hirn, sich selbst eine Meinung zu bilden, also gib die Titelseite denen, die am meisten Talent haben.

Neben Alejandra Robles Luna an den Drums sind auf deinem Album auch Rikardo Rodríguez-López an der Gitarre und Marfred Rodríguez-López am Bass zu hören. Wie viele von diesen Rodríguez-López gibt es eigentlich, und sind die alle verwandt?

Haha, das ist eine große Familie und da gibt es noch ein paar andere Brüder. Rikardo habe ich an einem Movie-Set getroffen, als ich bei einem Film von Omar als Stunt-Fahrerin geholfen habe. Ich wusste zunächst gar nicht, dass er Omars Bruder ist, die sind da sehr diskret und erzählen das nicht rum. Wir freundeten uns an, und irgendwann rückte er damit raus. Er ist auch Produzent und Toningenieur. Jahre später, nachdem ich zig Besetzungswechsel in der Band gehabt hatte und als ich gerade in El Paso bei meiner Mutter lebte, stellte ich fest, dass Rikardo quasi mein Nachbar ist, er wohnte nur zwanzig Autominuten entfernt. Und plötzlich machten wir zusammen Musik. Er hat super Ideen, ist ein guter Bassist, ich mag, was er mit seiner Band ZECHS MARQUISE gemacht hat und mit ANTEMASQUE. Da die Brüder auch immer wieder Bands zusammen haben, ist es natürlich total verwirrend, wer wann wo gespielt hat. Die ganze Familie ist total talentiert, sie sind sehr entspannt und positiv, voller Energie, und sie arbeiten hart. Und so fand sich das alles zusammen, ich bin sehr glücklich mit der Konstellation und hoffe, das bleibt so.

Dieses Album ist das erste, das nicht auf Mike Pattons Ipecac-Label erscheint, sondern auf Rise. Wie kommt das?

Ipecac ist ja mehr so ein „Boutique-Label“. Die unterstützen dich super, aber Rise sind ein ganzes Stück größer und haben in den USA wie in Europa mehr Möglichkeiten, eine Band zu supporten. Und sie glauben an diese Band, die ich mache, seit ich ich 17 bin. Nach den Standards der Musikindustrie bin ich „old news“, also nicht mehr der heiße neue Scheiß, da weiß ich das zu schätzen als alte Lady. Die sagten, wir sehen Potenzial, wir nehmen dich unter Vertrag. Und das ist gut, denn manchmal bin ich frustriert und frage mich, wieso Rikardo und Marfred überhaupt noch mit mir in einer Band spielen.