CITIZEN FISH

Wer kennt nicht die hervorragenden SUBHUMANS, aus denen sich 1986 CULTURE SHOCK und 1989 CITIZEN FISH entpuppten. Während andere Bands in einer Schaffensperiode von zehn Jahren oftmals mit unzähligen Besetzungswechseln zu kämpfen haben, wurde lediglich 1990 Larry von Phil an der Gitarre abgelöst, so dass seitdem drei ex-SUBHUMANS-Mitglieder mit Dick am Mikro, Phil an der Gitarre, Trotsky am Schlagzeug und Jasper (ex-RHYTHMITES) am Bass über 650 Gigs(!!!) absolviert und mit "Active Ingredients" bereits ihr sechstes Studioalbum eingespielt haben. Ihre Europatournee zu ihrer aktuellen Platte führte die britische Band im Mai und Juni neben Deutschland unter anderem durch Belgien, die Niederlande, Polen, Österreich, Schweiz und in die Tschechische Republik. Am 6. Juni diesen Jahres gastierten CITIZEN FISH in der Kellerbühne der "Alten Mälzerei" in Regensburg. Eine Gelegenheit, die ich mir nicht nehmen ließ, die Jungs um ein Interview zu bitten. So begaben sich Dick, Phil, Jasper und meine Wenigkeit kurz vor ihrem Auftritt in den Backstageraum der "Mälze", um "ungestört" dieses Gespräch zu führen, das nach neunzig Minuten nur deshalb ein Ende fand, da CITIZEN FISH natürlich noch einen Auftritt zu absolvieren hatten.

1992 sah ich euch das erste Mal im Nürnberger Kunstverein. Könnt ihr euch an den Gig noch erinnern?

Phil: War das nicht dieser lustige kleine Laden?

Jasper: Ich kann mich gut an die Toilette erinnern.

Dick: Der Gig war sehr gut. Es war sehr heiss und wir waren ziemlich verschwitzt danach. Wenn beides bei einem Gig nicht eintritt, dann haben wir uns nicht ausreichend angestrengt. Es war total verrückt! Alleine schon diese Toilette!

Mal abgesehen von dieser Toilette, die jeder Band in Erinnerung bleibt, aber was waren zurückblickend die wichtigsten Ereignisse im ersten Jahrzehnt seit Bestehen von CITIZEN FISH?

Jasper: Wir sind immer noch zusammen und haben immer noch sehr viel Spass dabei.

Dick: Ein wirklich wichtiges Ereignis war die Zusammenarbeit mit den Trompetenspielern bei zwei Alben und die erste Amerikatournee. Die wichtigsten Ereignisse sind immer die, die man zum ersten Mal macht. Der erste Gig, das erste Demo-Tape, die erste Platte oder die erste Tournee.

Phil: Der Kontakt mit Lookout Records in den Staaten.

Dick: Wir haben uns die Haare schneiden lassen.

Ihr kommt aus dem Südwesten Englands, genauer gesagt aus Warminster/Bath. Beschreibt doch mal diese Gegend bezüglich der Menschen die dort leben, Infrastruktur und der Möglichkeiten für Bands, ihre Musik vorzustellen!

Phil: Warminster ist eine kleine Marktstadt mit 19.000 Einwohnern. In der Nähe liegt Melksham, eine Stadt ähnlich wie Warminster, jedoch mit etwas mehr Industrie. Dazwischen liegt eine Stadt, die Trowbridge heisst und etwas grösser ist. Anfang der Achtziger Jahre begannen dort einige Punkbands.

Dick: Bath hingegen lebt vom Tourismus. Es gibt dort viele kleine Läden, die den Touristen irgendwelche seltsame Souvenirs verkaufen. Wir hingegen leben etwas abseits davon, in einer ländlicheren malerischen Gegend mit vielen Gewässern. Was die musikalische Szene betrifft so gibt es in Warminster einige Pubs, die normale Konzerte durchführen. In Bath hingegen gibt es zwei Pubs, die Gigs organisieren. Mehr Auftritte finden in Bristol, in der der Hauptstadt, ungefähr fünfzehn Meilen von Bath entfernt, statt, aber so lange die Leute aus Bristol zu den Gigs nach Bath kommen, werden dort auch gute Gigs stattfinden.

Phil: Bands wie NOFX, die gerade auf Tour sind, spielen jedoch vorwiegend in Bristol und nicht in Bath.

Jasper: Dennoch ist erstaunlich, wie viele Bands aus dieser Gegend kamen, sozusagen die erste Explosion musikalischen Enthusiasmus.

Dick: ORGANIZED CHAOS, CHAOS U.K., DISORDER oder SLAYER OVERDRIVE.

Wie habt ihr euch eigentlich vor CITIZEN FISH, beziehungsweise vor eurem Musikerdasein finanziell über Wasser gehalten?

Dick: Wir haben eigentlich schon immer in Bands gespielt, ob das nun die SUBHUMANS oder CULTURE SHOCK waren. Zwischen 1980 und 1983 hatte ich mal so einen Job von morgens 8.30 Uhr bis abends 17.30 Uhr. Als jedoch mit der Musik etwas mehr Geld reinfloss habe ich diesen Job gekündigt. Drecksarbeit - Ich hasste es!

Jasper: Bevor ich Bass spielte lebte ich die meiste Zeit von der Arbeitslosenunterstützung. Ich weiss gar nicht so genau was das ist - Arbeit?!

Phil: Vor den SUBHUMANS war ich als Farmarbeiter beschäftigt. Dann war ich auf einer Universität für Elektronik und war danach auch als Elektroniker beschäftigt, bis sich CITIZEN FISH gründeten. Jetzt arbeite ich noch als Fahrer.

In einem früheren Interview von 1994 mit Damon Beebe in Santa Rosa hast du Dick die Bedeutung des Bandnamens folgendermassen interpretiert: "CITIZEN FISH ist wie das widersprüchliche Gleichgewicht des menschlichen Charakters." Ist diese Aussage auch 1999 noch aktuell?

Dick: Absolut! Der Name CITIZEN FISH stellt eine Theorie dar, dass Menschen üblicherweise in Städten, beziehungsweise in Gebäuden aus Beton leben. Sie leben nach vorgeschriebenen Verhaltensweisen, die bestimmt werden von Uhren, Terminkalendern, Regeln und Gesetzen und das basiert auf einer permanenten Wiederholung dessen. Das alles beinhaltet "Citizen". "Fish" hingegen ist das Gegenteil zu "Citizen": Das Natürliche, Menschliche, das über den Gesetzen, Regeln oder Gesetzen steht. In der Regel fahren viele Leute in ihrem Urlaub ans Meer, um diese Leere loszuwerden und wieder freier zu sein. Diese Mixtur all dieser Dinge ist eine Art Zustand der Lebewesen des Zwanzigsten Jahrhunderts.

Phil: Aber eigentlich machten wir uns über den Namen CITIZEN FISH erst Gedanken, als uns die Leute immer mehr und mehr danach fragten, was sich denn dahinter verbirgt.

"Flesh & Blood" aus eurem ersten Album "Free Souls in A Trapped Environment" handelt von den Tierrechten. Ihr alle seid Vegetarier. Unterstützt ihr auf irgendeine Art und Weise politische Organisationen, die sich beispielsweise um die Belange von Tieren bemühen?

Jasper: Wir spielen bei vielen Benefizveranstaltungen. Das ist mein persönlicher Beitrag.

Dick: Unser Beitrag ist es, die Möglichkeiten wahrzunehmen, sich bei Benefizveranstaltungen zu beteiligen.

Jasper: 1989 schloss ich mich den "Poll Tax Riots" an. Während dieser Tage wurde mir klar, dass ich nicht zu den Personen gehöre, die Steine gegen Polizisten werfen. Ich kann so etwas nicht und mag so etwas nicht.

Dick: Wichtig ist, dass viele verschiedene Leute sich beteiligen. Das bedeutet Stärke. Einige entscheiden sich für den gewalttätigen Protest, andere wiederum nicht. Manche sind von Transparenten und Fahnen überzeugt, andere nicht. Das alles spricht für sich und demzufolge kommt es zu Demonstrationen. Diese gemeinsame Kraft gegen die "Kopfsteuer" war erstaunlich, denn allein die Stimme und die Präsenz der Leute zerstörte diese. In diesem Fall waren sich die Menschen einig und wollten sich gemeinsam von etwas befreien. Punks standen gemeinsam neben alten Damen. Es waren sich eben alle einig. Sehr erstaunlich!

Wenn man etwas mehr hinter die Kulissen von CITIZEN FISH blickt, fällt einem auf, dass ihr von der Gestaltung der Plattencover bis hin zur Tourneeplanung alles selbst in die Hände nehmt - Motto: Do-It-Yourself! Wird irgend etwas nicht von euch in Eigenregie gesteuert?

Dick: Aufgrund der Entfernung können wir US-Tourneen nicht selbst organisieren. Das übernimmt für uns Margie, eine Frau aus Salt Lake City. Sie will lediglich unsere Forderungen, wie beispielsweise $6 Eintritt, wissen. Das ist wirklich hervorragend. Sie ist kompetent und macht einfach! Dafür bekommt sie zehn Prozent der Einnahmen. Ansonsten versuchen wir so viel wie nur möglich selbst zu organisieren. Manchmal gelingt das, dann jedoch wieder nicht.

Phil: Im Nachhinein betrachtet lief manches ziemlich daneben.

Jasper: Meine Stärke ist das Kreieren von T-Shirt-Designs.

Phil: Eine ganz wichtige Angelegenheit bezüglich D.I.Y. war, dass wir "Active Ingredients" selbst aufgenommen haben und wir deshalb in kein anderes Studio gehen mussten, da wir eben alles zu Hause einspielten.

Jasper: Das Mastering führten wir in einem anderen Studio durch, haben aber dennoch versucht uns mit einzubringen, um einfach die absolute Kontrolle über das Album zu besitzen.

Dick: Was so Studiosachen betreffen kann ich nur jeder jungen Band empfehlen eine Plattenfirma zu wählen, die wenig Geld zur Verfügung hat. Die Studiokosten von 2.000 Pfund für unsere letzte Platte "Thirst" wurden von Lookout Records übernommen. Bei "Active Ingredients" sagten wir zu Lookout: "Gebt uns die 2.000 Pfund und wir besorgen uns die dafür benötigte Ausrüstung und spielen die Songs selbst ein und die Platte wird um einiges besser." So bezahlten sie uns für diese Produktion das Equipment. Die nächste Platte wird somit um ein Vielfaches weniger kosten. Was ich damit sagen will, verschwendet das Geld nicht für irgendein Studio, denn so werdet ihr von der reingesteckten Kohle nichts wieder sehen, sondern nützt das Geld, um euch eure eigene Ausrüstung für eure Aufnahmen zu finanzieren.

Werdet ihr die aktuelle Platte auch ausserhalb Europas live vorstellen?

Phil: Im September werden wir in Nordamerika auf Tour sein.

Dick: Wir haben jemanden kennengelernt, der uns einige Konzerte in Israel ermöglichen will. Das hörte sich ganz gut an.

Jasper: Wir freuen uns immer in neuen Orten spielen zu dürfen, denn irgend etwas ist immer neu und anders.

Phil: Wir würden überall spielen...

Dick: ... da wir unterwegs sind, um die Botschaft zu verkündigen!

Gebt unseren Lesern mal ein kurzes Statement zu jedem Song eurer aktuellen Platte "Active Ingredients".

Dick: Active Ingredients handelt von Menschen, die sich gegen die Umweltzerstörung stark machen und darauf hinweisen, was diesbezüglich auf diesem Planeten falsch läuft. The B.O.B. Song steht für drei Orte - Bath, Oakland und Bremen. In den letzten drei Jahren spielten wir auf mehrtägigen Punkrockfestivals. Vor drei Jahren in Bath, dann vor zwei Jahren in Bremen und im letzten Jahr in Oakland. Bands von alle diesen Orten spielten jeweils auf diesen Festivals gemeinsam und es endete immer damit, dass einige Bands beim nächsten Festival wieder mit dabei waren. Wir kennen viele dieser Leute, deshalb B.O.B.! Im letzten Jahr sind wir mit Billig-Flug-Tickets nach Oslo gereist. Wir blieben bei einem Typ namens Are und eines Nachts waren wir ziemlich betrunken und bekifft. Ich ging zur Toilette und mir gingen dabei Texte durch den Kopf über das Betrunken- und Bekifftsein, so dass ich danach singend in die Küche lief und mir in meinem Bett später dann der Gedanke kam, diese Texte in Musik umzusetzen. Dieses Stück handelt von dieser individuellen Erfahrung.

Jasper: Der Refrain bei Bitter And Twisted klingt ähnlich wie ein Kim Wilde-Song.

Dick: Was?!

Phil: Das müssen wir ändern!

Dick: Wenn man mal das dreissigste Lebensjahr erreicht hat vermutet man, dass man etwas verbittert und merkwürdig wird. Man reagiert sauer und hasst alles und jeden. Man hasst die Jugend, da man bereits zu alt geworden ist, um diese Dinge zu tun. Man hasst es einfach und alles ist beschissen. Ich denke, ich bin etwas verbittert und seltsam. In der ersten Strophe singe ich, dass ich an nichts Erfreuliches denken kann, das ich in einem Lied verarbeiten könnte. Wenn man nach all den Jahren einmal in sich hinein gehört hat, nach all dem verdammten Beklagen und Protestieren, fragt man sich schon manchmal: "Was hat sich wirklich verändert?" Es ist das Schizophrene zwischen der ständigen Anspannung oder Aktivität und der anhaltenden Entspannung.

Jasper: Digging A Hole beinhaltet jede Menge Lyrics. Wir mussten dieses Stück sehr sehr oft spielen bis alles zusammenpasste.

Dick: Das Stück ist sehr gut geworden. Im letzten Teil des Refrains hört es sich an wie eine Nummer der Glamrockband SLADE. Very junky! Sacred Cows handelt vom BSE-Skandal in Grossbritanien, als sie Millionen dieser erkrankten Rinder schlachteten. Das Heuchlerische an der ganzen Sache ist, dass sie zwar nicht vergiftet werden wollen, aber dennoch Rindfleisch essen wollen. Musikalisch gesehen ist es ein guter und kurzer Reggae-Song von 2 Minuten 15 Sekunden. Pills ist sehr schnell und vorantreibend und geht nur im Mittelteil mal etwas ruhiger zur Sache. Habit ist der beste Skasong, den CITIZEN FISH je geschrieben haben. Dieses Stück ist wirklich etwas besonderes. Grossartig ist auch das Trompetenspiel.

Jasper: Da der Trompeter sehr beschäftigt ist, versucht Dick die Trompete in den Konzerten zu imitieren. Isolated Incidents ist lediglich eine grossartige Jam, die wir zufällig aufgenommen haben. Manchmal mag ich das. Es geschieht einfach.

Dick: Jasper und Trotsky jammen gemeinsam vor sich hin. Immer wieder die gleiche Bassline. Fünf Minuten lang.

Jasper: Trotsky verwendet in diesem Stück keine Cymbals, also keine Schlagzeugbecken.

Phil: Wir haben davon fünf verschiedene Dub-Mixes produziert. Für die LP-Version sang Dick später einen Text darüber, was auch das beste für diesen Dub-Song war.

Dick: Das ist nicht so auf der Compilation-CD "Stop Racism", auf der auch Jello Biafra und NAPALM DEATH zu hören sind. Dieser Sampler wurde von einem Haufen Leute der A.R.A.(Anti Racist Association) in Ohio zusammengestellt und veröffentlicht. Diese CD ist ein wirklich gutes Paket mit einem fetten Booklet. Barking handelt von einer verbalen Auseinandersetzung Betrunkener in Oakland. Zwei unserer Freunde stritten sich sehr ernsthaft über scheiternde Beziehungen. Das war kein schöner Anblick. Barking ist zudem eine Wortspielerei, bestehend aus "Bar" und "King" und eben das Bellen von Hunden. Heard It All Before besagt, wie oft man doch immer wieder das gleiche sagt, aber es immer wieder wichtig ist, die gleichen Dinge ein weiteres Mal zu erwähnen, da es immer mehr Gründe gibt, gerade diese zu tun. Die Nummer ist etwas selbstkritisch. In Wirklichkeit sind die Normen musikalischer Kritik von den Leuten doch so, dass sie das alles bereits schon einmal gehört haben. Also hört auf euch ständig darüber aufzuregen. Hör dir doch einmal diese beschissenen Liebeslieder an. Die Beschwerden, die hier aufgegriffen werden sind bereits alle gesagt und vorbei. Es gibt reichlich Easy-Listening-Bands mit poppigen Hymnen, Singalong oder was auch immer, aber die Themen, die man bereits angesprochen hat, haben wir schon einmal gehört und kann man heute nun wieder hören. Früher, das sind für mich die frühen Achtziger. Die Leute, die damals darüber etwas erfahren haben ziehen jetzt ihr eigenes Ding durch und besuchen keine Konzerte mehr. Die Leute, die jetzt zu den Gigs kommen, die sind teilweise so jung, dass ich ihr Vater sein könnte. Somit lohnt es sich bis zu einem gewissen Grad, immer wieder altbewährtes zu wiederholen, da immer wieder neue Leute ankommen und sich für Punk oder D.I.Y. interessieren und einfach wissen wollen, warum diese Sachen immer noch existieren. Deep Neurotics war das letzte Stück, das wir für dieses Album schrieben, bevor wir die Aufnahmen angingen. Ich war verzweifelt auf der Suche nach irgend etwas Passendem zur Musik. Von Jasper kam dann irgendwann Deep Neurotics. Diese Nummer beschreibt, wie man sich fühlt, wenn man von einer Person kaputtgemacht wird. Übrigens 1992 geschrieben. Ich habe kein Bild mehr vor den Augen, warum ich oder über wen ich diesen Text geschrieben habe. Irgendwie ist es ein Liebeslied, wenngleich das Wort "Liebe" kein einziges Mal vorkommt. Das Stück ist jedoch alles andere als lustig! Der Refrain: "I Can´t Do Anything - Right!" ist der beste, den wir je geschrieben haben.

Jasper: UNDERTONES.

Dick: BUZZCOCKS. Not For Sale bedeutet D.I.Y.-Kultur und somit nicht erhältlich für die Plattenindustrie, die dann ankommt und meint: "Ihr seid aber gut. Wollt ihr nicht diesen Vertrag unterzeichnen? Ihr bekommt jede Menge Geld und wir machen euch zu verdammten Punkrockstars." So einfach ist das längst nicht mehr. Heute wissen wir, was das für Schwierigkeiten mit sich bringen kann, was dahintersteckt und warum das alles so beschissen ist. Wir wissen was D.I.Y. ermöglichen kann, denn schliesslich existiert die Sache bereits seit zwanzig Jahren und somit auch eine allgemein definierte Erklärung des Zusammenhalts der D.I.Y.-Szene. Wir wollen nicht irgend jemanden Musik verkaufen. Wir wollen unsere Musik diesen Mensch weitergeben, ähnlich wie unseren eigenen Schatten, den wir produzieren. Durch viel Geld verliert die Musik ihre Seele.

SUBHUMANS-Reunion-Tour 1998 - Eine einmalige Gelegenheit oder spielen CITIZEN FISH zukünftig bei ihren Gigs eine Mixtur aus CITIZEN FISH-, SUBHUMANS- und vielleicht sogar CULTURE SHOCK-Songs?

Dick: CULTURE SHOCK gehört der Vergangenheit an!

Phil: Wenn wir mit CITIZEN FISH auf Tour sind spielen wir auch nur CITIZEN FISH-Songs.

Dick: Der Grund dieser Tournee lag hauptsächlich darin, dass SUBHUMANS sehr viele Platten verkauft haben, jedoch die meisten Käufer nie die Möglichkeit besassen, eines unserer Konzerte zu besuchen. Wir hatten uns also dazu entschlossen mit den SUBHUMANS noch einmal durch Amerika, Grossbritanien und Europa zu touren. Wir möchten noch in Japan, Brasilien und Australien touren, aber bislang haben wir noch nichts geplant. Wir können nicht sagen, dass wir nie wieder Touren werden aber eine feste Institution werden die SUBHUMANS nie mehr werden.

Habt ihr eigentlich noch Kontakt zu euren ehemaligen musikalischen Kollegen aus den vorangegangenen Bands?

Dick: Nigel verstarb 1993.

Phil: Paul lebt in Warminster, beschäftigt sich mit Computersounds und produziert wirklich schlechte Dance Music. Paul ist zudem noch Vater. Bill ist ebenfalls Vater von drei Kindern und als Bauarbeiter beschäftigt, so dass er einfach das geregelte Einkommen benötigt, um seine Familie zu ernähren.

Dick: Bruce ist Vater von zwei Kindern und Musikalienhändler.

Phil: Bruce verbringt auch viel Zeit damit, Kindern das Gitarren- und Schlagzeugspiel beizubringen.

Jasper: Bruce erzählte uns mit, dass er mit seinem Laden mehr Stress hat, als früher auf Tour mit den SUBHUMANS.

Phil: Bruce würde auch gerne wieder in einer Band spielen. Er würde sich wünschen, dass die SUBHUMANS weitermachen, touren und eine neue Platte aufnehmen würden. CITIZEN FISH spielt für uns aber eine wichtigere Rolle.

Erzählt doch etwas über eure Aktivitäten bezüglich Bluurg-Records. Ist dieses Label immer noch vorwiegend dazu da, um euer eigenes Material zu vertreiben und wie kam es zum Kontakt mit dem amerikanischen Label Lookout Records?

Dick: Bluurg-Records veröffentlicht ausschliesslich Material von CITIZEN FISH. In den Achtziger Jahren Platten zu veröffentlichen war aus folgenden Gründen viel einfacher: Damals haben mehr Leute Platten von Bands gekauft, die sie noch nicht kannten. Die Risikobereitschaft der Leute war grösser, wie damals in England auch die Szene. Dann kam die CD, das hiess, man musste doppelt soviel Geld ausgeben, da die Materialkosten zweifach anfielen. Somit musste doppelt soviel verkauft werden bis zum Break-Even, das heisst, bis die Kosten gedeckt waren. Da zudem CITIZEN FISH in den ersten Jahren noch bis zu 100 Konzerte im Jahr spielten, fehlte uns schlicht die Zeit, uns um eine Plattenfirma zu kümmern. Dann kommt noch dazu, dass ich einfach kein guter Geschäftsmann bin. Wir fragten Larry, wir kannten uns noch aus CULTURE SHOCK-Zeiten, ob er sich nicht bei Lookout Records um uns kümmern könnte. Und siehe da, er tat es!

Phil: Die Leute kamen auf unsere Konzerte und teilten uns mit, dass man in keinem Laden in den Staaten CITIZEN FISH-Platten finden kann. Und daraufhin machten wir unter Lookout Records unsere erste Single. Zu dieser Zeit war Geld für Lookout auch gar nicht so ausschlaggebend, da das Label damals das alte Material von GREEN DAY verkauft hat, so dass plötzlich ein ziemlich kleines Label die Chance hatte ins Millionengeschäft miteinzusteigen. Geld war für Larry auch kein Beweggrund. Er tat dies einfach nur unserer Freundschaft wegen.

Dick: Es gibt auch keine Verträge, einfach deshalb, weil wir keine Verträge mögen. Das geschieht alles auf der Basis gegenseitigen Vertrauens.

Heisst das, ihr schliesst auch mit den Veranstaltern in den Clubs keine Verträge über die Konditionen ab?

Dick: Wir klären die Dinge telefonisch im Vorfeld ab. Aber es kommt darauf an, in welchem Land man spielt und es ist von der Situation abhängig. Wir wollen siebzig Prozent des Eintritts. Manchmal funktioniert das so, manchmal eben nicht. In Osteuropa ist die Situation eine komplett andere als hier in Deutschland. In Polen kann man nicht mehr als 1.50 Pfund Eintritt von den Leuten verlangen, so dass in diesem Fall siebzig Prozent wenig Geld ist. Deshalb nehmen wir etwas von dem verdienten Geld aus den Gigs in Deutschland, Belgien oder Holland um dies etwas auszugleichen, um auch in Osteuropa spielen zu können.

Phil: Wir erzählen den Veranstaltern was wir wollen. Bei geforderten 300 Pfund kann man sich auch einmal bei 200 Pfund einigen. Essen und Getränke ist hier auch kein Problem. In England ist das Veranstaltern nicht so wichtig, aber hier werden wir an jedem Tag satt.

Dick: Das ist richtig phantastisch hier - Essen und Freibier. In England muss man nach Getränken und einer Mahlzeit fragen. Wenn man sich darüber auch noch aufregt wird man dann als verdammter Rockstar beschimpft.

Millenium Madness: Wie werdet ihr die Jahrtausendwende zelebrieren?

Jasper: Ein guter Abend, um sich beim Babysitten jede Menge Geld zu verdienen. Das Datum an sich ist einfach verkehrt und basiert lediglich auf die Zeitrechnung des Christentums.

Dick: Das ist doch nur ein Tag wie jeder andere. Zeit ist doch sowieso nur ein erfundenes Etwas, einfach lächerlich. Neujahr ist für mich in jedem Jahr die beste Zeit, um zu feiern. Fast alle sind an diesem Tag total verrückt!

Phil: Als ich 15 Jahre alt war dachte ich noch im Jahr 2000 fliegen wir wahrscheinlich alle mit Raumschiffen durch die Gegend und es gibt enorme technische Veränderungen. Einiges davon wurde ja bereits realisiert.

Dick: Wir können bereits Schafe klonen und die Kameras auf der Strasse beobachten jeden Schritt von dir. Real Big Brother Style!!!