DIRTBOMBS

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Jim Diamond und Mick Collins – wer bei diesen Namen nicht weiß, was Sache ist, sollte vor (oder wegen mir auch nach) der Lektüre dieses Interviews erst einmal eine Runde im Internet surfen und sich via Suchmaschinen die Vollbedienung geben. Diamond, so viel in Kürze, ist derzeit mit seine den GORIES, die damals auf Crypt veröffentlichten, erwiesener Fachmann in Sachen guter Musik. Die DIRTBOMBS sind seit zehn Jahren seine „neue“ Band, und mit „Ultraglide In Black“ nahmen Diamond und Collins letztes Jahr für In The Red Records ihr – nach Meinung vieler – bislang bestes Album auf. Zwar gibt es auf dem bis auf die Collins-Eigenkomposition „Your Love Belongs Under a Rock“ nur Coverversionen (unter anderem von Marvin Gaye, Stevie Wonder, Curtis Mayfield und Phil Lynott), aber das tut dem Spaß an der Sache nicht den geringsten Abbruch. Logisch, dass sich im Mai angesichts des einzigen Deutschland-Konzertes der Band mit zwei Bässen und zwei Schlagzeugern im Münsteraner Gleis 22 eine enthusiastische Schar von Fans einfand. Und logisch, dass das Ox die Herren Diamond (Bass) und Collins (Gesang & Gitarre), die schon vor der Show reichlich angeschickert waren, zum Interview bat. Die Show selbst war dann ziemlich großartig, wilder R&B-Soul-Garagen-Punk, der darin gipfelte, dass die Band dem einen Schlagzeuger Ben zum Spaß die Lippen blutig schlug – so halt, weil man eben gerade so in Fahrt war... Auch mit im Backstageraum, aber schweigsamer: Ben Blackwell (Drums), Pat Pantano (Drums) und Tom Potter (Bass).

Wie kommt’s, dass ihr nur eine Show in Deutschland spielt?


Mick: Wir wussten nicht, dass irgendwer in Deutschland uns überhaupt sehen will, und wir haben die Tour auch nicht selbst gebucht. Ehrlich!

Tja, hättet ihr mal uns fragen sollen: DIRTBOMBS und DETROIT COBRAS waren letztes Jahr mit die bestverkauften Scheiben in unserem Soundflat-Mailorder.

Jim: Wobei unsere Platte ganz klar die bessere ist, harharhar!

Habt ihr nicht kürzlich zusammen mit denen in England gespielt?

Jim: Nein, die haben es nicht geschafft, warum auch immer. Pussies!

Wie man in der einschlägigen Presse, die auch sonst keine Ahnung hat, so liest, soll Detroit-Sound dieser Tage ja wieder schwer angesagt sein, deshalb ja auch die Einladung an euch wie die DETROIT COBRAS nach England. Könnt ihr das nachvollziehen?

Mick:„Oh ja, haha, das ist sehr witzig, doch. Bei uns Zuhause in Detroit ist von diesem Hype jedenfalls nichts zu spüren. Vor allem nicht in Detroit! Wir hören aus anderen Ecken des Landes ja auch, dass Detroit jetzt wieder angesagt ist, aber bei uns in der Stadt kommt davon nichts an. Und jetzt sind wir hier in Europa, werden immer wieder darauf angesprochen und es amüsiert uns ganz schön.
Jim: In Pisa in Italien ist der Hype ganz besonders groß: 22 Zuschauer hatten wir da...

Komisch auch mal wieder, dass eine Band wie eure seit zehn Jahren ihren Sound macht, und dann plötzlich feiern irgendwelche Spacken die STROKES, die WHITE STRIPES, die HIVES und so weiter als das neue Ding ab. Wie lächerlich!

Jim: Oh ja... Als wir letzten November auf einem Festival in Rennes in Frankreich spielten, sprach mich ein Interviewer doch glatt an, was das denn für eine neue Mode sei, auf die wir da aufgesprungen seien: Rockmusik... Klar, so war es ja auch: Mick und ich haben unsere Plattenspieler und Mischpulte verkauft, als die WHITE STRIPES plötzlich durchstarteten und sind mal eben auf die neue Modewelle aufgesprungen, um ein paar schnelle Dollar zu verdienen. Hallo? Ich spiele seit meinem fünfzehnten Lebensjahr Gitarre!
Mick: Mir scheint, in England und generell in Europa gibt es nicht wenige Leute, die meinen, Rock’n’Roll sei ein paar Jahre weg vom Fenster gewesen und erlebe jetzt ein Comeback. In den USA war Rock’n’Roll aber nie weg vom Fenster, für uns ist das alles nicht neu. Da sind die WHITE STRIPES oder die STROKES ‘just another rock band’, das wird nur in Europa nur so gehypet. Es fällt uns schwer, das nachzuvollziehen, aber wir leben ja auch nicht hier.

Euer aktuelles Album, das haben wir auf der Fahrt zum Konzert festgestellt, ist einfach ein verdammtes Meisterwerk...

Mick: ...und besteht nur aus Coverversionen, harharhar. Naja, ob das Album jetzt wirklich so ein Meisterwerk ist, wie soll ich das beurteilen? Ich habe ja nur die Songs ausgesucht, die wir dann nachgespielt haben.
Jim: Und wir haben sie gespielt, ich und Mick haben sie gemischt.
Mick: Es sind einfach sehr gute Songs, die wir da spielen, das ist alles.
Jim: Maribel von den DETROIT COBRAS meinte, wir seien jetzt auch endlich etwas bekannter, weil wir eine Platte mit Coversongs gemacht hätten. Sie machen das schließlich auch und es hätte sie weitergebracht. Ich meinte nur, das sei eine sehr billige Erklärung.
Mick: Im Falle von ‘Ultraglide...’ gestehe ich ein, dass die Songauswahl sehr glücklich ist. Was unsere anderen Platten anbelangt, so weiß ich auch nicht, was eine gute Platte ausmacht. An der einen Platte mag ich dies, an der anderen das – aber es gibt kein Geheimrezept.
Jim: Bei ‘Ultraglide...’ war es so, dass wir einen Teil der Songs schon fertig gemischt hatten, und ich habe die dann einfach nochmal alleine in meinem Studio abgemischt und Mick gesagt, sie würden jetzt viel besser klingen. Mick hörte kurz rein und meinte nur, ich hätte Recht.

Wie ist denn die Aufgabenverteilung in der Band? Mick, dein Name steht ja meist im Vordergrund.


Mick: Ich habe die Band gegründet und bin der Frontmann, von daher... Ich bin auch derjenige in der Band, der den ‘Plan’ von der Band im Kopf hat.
Jim: Und ich bin der, dem das Studio gehört, der das alles aufnimmt und abmischt. Ich bin der Pragmatiker in der Band, bin derjenige, der das Alltagsgeschäft erledigt.
Mick: Jim ist der Mann, der immer ‘Nein’ sagt. Und der sagt ‘Haut endlich alle ab, lasst mich allein’, haha. Und die anderen spielen eben Schlagzeug und Bass und tragen ihren Teil zur Sache bei.
Ben: Und ich...
Mick: Prügelknabe, halt’s Maul!
Ben: Siehst du, so gehen die immer mit mir um. Die denken, das würde mich beeindrucken, wenn sie ihre schwulen Knastwitze bringen, dabei lässt mich das kalt. Ha ha! Ich denke, mein Beitrag zur Band ist ein guter Schuss Energie – und Jugend!

Mick, wie kamst du auf die Idee mit zwei Schlagzeugern?

Mick: Mann, das ist die meistgestellte Frage! Und die ehrliche Antwort ist: Ich wollte nur mal hören, wie das so klingt. Da war kein Plan dahinter, das war nur so eine Idee.
Jim: Und das ist jetzt auch nur der Rest des ursprünglichen Line-Ups mit vier Drummern, hehe. Die Band hieß anfangs ja auch MICK COLLINS & HIS DRUM CIRCLE, dann MICK COLLINS & HIS CIRCLE JERK.

Mick, vorhin sagtest du aber noch, du seist der Mann mit dem Plan...

Mick: Ja, ich habe den Plan von der Band, aber nicht von Rock’n’Roll an sich! Da ist ein kleiner Unterschied...
Jim: Bei uns ist es so, dass wir uns dies oder das vorstellen und vornehmen, doch was dann letztendlich dabei herauskommt ist eine pervertierte Idee der ursprünglichen Idee, so dass es albern ist, davon zu sprechen, dass man einen Plan gehabt habe.
Mick: Ach ja?! Du wärst überrascht, wenn du wüsstest, wie viel von dem, was wir machen, genau so klingt, wie ich mir das vorgestellt habe... Wenn es einen Plan gibt, dann den, nicht zu klingen wie irgendeine andere Band da draußen, wie irgendein Musikstil, den man mit einem einzigen Wort beschreiben kann. Das ist mein einziges Ziel: Vergleiche zu vermeiden.

Andererseits lebst du ja nicht in einem kreativen Vakuum – verarbeitet ihr ja die verschiedensten Einflüsse.
Mick: Die Geschichte von auf Tonträger gebannter Musik geht mittlerweile hundert Jahre zurück, und klar gibt es da Einflüsse.
Jim: Wir haben verschiedene gemeinsame Vorlieben, aber auch viele ganz persönliche. Wir alle lieben MC5.
Mick: Das hast du jetzt nicht gesagt, oder? Hey, Interviewer, lösch das bitte vom Band.
Jim: Und wir mögen alle SLY & THE FAMILY STONE.
Mick: Und wir stehen alle auf Studio 1, glaube ich. Diese ganzen Reggae-Sampler, die die gemacht haben.

Wie alt seid ihr eigentlich?
Mick: Ich bin 36, Ben ist 19, die anderen liegen irgendwo dazwischen.

Ich meine damit, dass die Zeit, in der man aufwächst, natürlich auch musikalisch prägt.
Ben: Schon, aber ich kann mir die alten Platten ja trotzdem kaufen.
Jim: Und dann frage ich dich, ob du 1984 auch die SMITHS live gesehen hast, harharhar.
Ben: Mag sein, und ich beneide auch Leute, die vor zehn Jahren die GORIES gesehen haben, aber ich habe 2002 die DETROIT COBRAS gesehen und kann das in zehn Jahren erzählen. Also, was soll’s?
Mick: Und Jim Diamond würde sagen ‘Who cares?’, hehe.
Ben: Es ist das alte Spiel, wo man sich an die alten Sachen als wichtig zurückerinnert, aber den gegenwärtigen Bands nur wenig Bedeutung beimisst. Ich habe die ganzen frühen WHITE STRIPES-Konzerte gesehen, doch wen interessiert das? Das war damals nichts besonderes.
Mick: In dem Moment hat das für dich nicht die Bedeutung, die so was 20 Jahre später vielleicht gewinnt.
Ben: So erklärt sich auch das Phänomen von Bands wie den GERMS oder den STOOGES. Als die damals gespielt haben, hielten das viele für Scheiße, vielleicht waren sie das auch, aber im Laufe der Jahre wird diese Wahrnehmung verzerrt – und dann heißt es ‘Whoaw, du hast die STOOGES live gesehen!’.

Was waren das denn für Bands, die früher für euch wichtig waren?

Jim: Als ich 16, 17 war zum Beispiel BLACK FLAG, MINOR THREAT, NEGATIVE APPROACH, aber auch viele Sachen aus den Fünfzigern und Sechzigern, etwa JEFFERSON AIRPLANE, ELECTRIC PRUNES oder BILL HALEY & THE COMETS. Rock’n’Roll ist Rock’n’Roll.
Mick: Für mich musste es vor allem verrückt sein: THE RESIDENTS, SNAKEFINGER, CLOCK DVA und viel Hard Bop-Jazz sowie alter R&B und Soul. Ich stand auf seltsame Geräusche, solche Musik zog mich magisch an. Aber auch BLACK FLAG oder die NECROS. Industrial wiederum war nicht so mein Ding, außer TEST DEPT., denn die machten den Sound, den die Leute meinten, wenn sie von Industrial sprachen. THROBBING GRISTLE waren auch ok, aber viel elektronischer.
Tom: Ich stand damals auf NEGATIVE APPROACH und dann auf die LAUGHING HYENAS...
Mick: ...und KANSAS, harhar.
Tom: Fuck you! SONIC YOUTH, BIG BLACK, BUTTHOLE SURFERS, BIRTHDAY PARTY – die ganzen Post-Hardcore-Bands.

Ihr habt gar keine Soul-Interpreten genannt...
Mick: Nein, weil das die Musik ist, die ich sowieso ständig gehört habe, das ist nichts besonderes. Wenn du in Detroit lebst, ist das Teil der Alltagskultur. Die Oldie-Radio-Stationen dort spielen den ganzen Tag nur die Motown-Klassiker rauf und runter.

In dieser Hinsicht stimmt das Detroit-Klischee also.
Tom: Ein seltsamer Gedanke, ja, aber nach langen Jahren Tourerfahrung und Begegnungen mit so vielen Bands muss ich dem zustimmen: So viele Bands, die wir treffen, sind so völlig frei von Einflüssen schwarzer Musik, dass ich das immer kaum glauben kann. Nimm eine Band wie damals BIG BLACK...
Jim: ...die wenigstens ‘black’ im Namen haben, harhar.
Tom: Wir waren in Arizona auf Tour und haben da mal alle Radiostationen, FM wie AM, durchgedrückt, aber da war nicht eine einzige schwarze Stimme zu hören. Das war eine der seltsamten Erfahrungen meines Lebens.

Draußen fängt die Vorband an zu spielen, DOCTOR X aus Hamburg, und während die anderen DIRTBOMBS den Backstage-Raum verlassen, bleibe ich mit Mick zurück, der, kaum dass das Aufnahmegerät abgeschaltet ist, wieder redselig wird. Also weiter geht’s...

Mick, du erwähntest eben Glam-Rock als einen wichtigen musikalischen Einfluss – Plateausohlen-Schuhe trägst du aber nicht....

Mick: Nein, haha, aber dafür habe ich jede Menge Glitzerkram für die Bühne, warte gleich mal unsere Show ab. Oft kann ich das Zeug aber nicht anziehen, weil die Clubs so unterträglich heiß sind, und außerdem ist das Zeug schweineteuer, da muss man schon etwas drauf aufpassen. Sowieso verdanken wir T.REX und Gary Glitter eine ganze Menge, haha.

Interessanterweise habt ihr da draußen aber eher den Ruf einer Garagenband.

Mick: Warum auch immer. Willst du unsere drei größten Einflüsse wissen? WIRE, SWELL MAPS und PERE UBU. Und nicht zu vergessen MX-80 SOUND und MISSION OF BURMA – zumindest bei den Songs, die ich schreibe, sind das die wichtigsten Einflüsse.

Das überrascht mich, denn so direkt hört man das bei euch nicht heraus.

Mick: Warte mal das nächste Album ab: Die Songs, die ich dafür schreibe, spiegeln diesen Einfluss ziemlich direkt wieder. Auf dem ersten Album ‘Horn Dog Fest’ sind die aber auch gut zu hören – und ein Song ist eine ganz offensichtliche Hommage an BLACK FLAG. Ich habe großen Spaß daran, mit den DIRTBOMBS zu experimentieren und dabei mit jedem Song an einen anderen Musiker oder eine andere Band eine Hommage abzuliefern.

„Kung Fu“ vom „Ultraglide…“-Album ist ein Curtis Mayfield-Cover, klingt aber nach BAUHAUS…

Mick: Haha, siehst du, das meine ich!? Ich merkte, da klingt der eine Song nach dem anderen, und wenn man dann noch etwas daran herumspielt... Und so klingt ‘Kung Fu’ jetzt wie ‘Bela Lugosi’s dead’, nachdem wir den Drum-Beat etwas verändert hatten. Das Andere, was die DIRTBOMBS ausmacht, ist, dass wir die Punkrock-Konventionen herausfordern: normalerweise ist das Live-Konzert die große Herausforderung für die Fans, für das Publikum, doch bei uns ist es andersherum. Unsere Platten sind die Herausforderung, denn jede klingt anders, während sich die Live-Shows nur wenig verändern. Das ist Absicht! Ich will, dass jede unserer Platten anders klingt, und das pisst viele Leute total an, hehe: Die hören eine unserer Platten und schließen daraus auf all die anderen. Tun sie aber nicht, sie haben sie aber schon gekauft und regen sich auf. Gut! Das ist ja wohl ziemlich Punkrock, oder? Du wärst überrascht, wenn du wie ich mitbekommen würdest, wie sehr es die Leute aufregt, wenn du ihre Erwartungen nicht erfüllst, gerade live: Die erwarten das eine, du gibst ihnen das andere, und haben sie sich darauf eingestellt, kommt nochmal was anderes. Das macht die so sauer, das ist sowas von Punkrock! Mann, heute braucht es doch einfach mehr als nur abstehende Haare um die Leute richtig zu nerven, du musst aktiv werden! Und es ist so einfach. Dabei war das in der Form mit den DIRTBOMBS gar nicht geplant: Ich hatte die DIRTBOMBS nie als Band geplant, die Statements abgibt, aber durch unser Verhalten hat es sich dazu entwickelt. Keinen Stil zu haben bzw. Stile zu vermeiden, wird dann selbst schon wieder zu einem Stil.

Eine erstaunliche Leistung, die voraussetzt, dass man eine Menge von Musik verstehen muss.

Mick: Der Unterschied zwischen den DIRTBOMBS und den Bands, die ich zu unseren Einflüssen zähle, begründet sich darin, dass Jim und ich Popmusik-Liebhaber sind. Wir sind damit in den späten Sechzigern und die Siebziger hindurch aufgewachsen, den guten alten Zeiten der AM-Radiostationen. Wir können uns diesem Einfluss nicht entziehen, und so sind unsere Songs vor allem Pop-Songs, wobei Jims Geschmack da noch viel ausgeprägter ist als meiner, denn er steht auf so richtigen ‘twee pop’ à la SPIRAL STARECASE oder die OSMOND BROTHERS. Wir sagen dazu auch ‘gay pop’, also Pop an der Grenze zum Kitsch. Diese Musik ist Jims Rebellion gegen den Punk-Konformismus. Und ich denke, unsere Verwurzelung im Pop eröffnet uns so viele Möglichkeiten, die andere Bands gar nicht haben. Wir werden eben nicht durch irgendwelche Konventionen eingeschränkt, die die einzelnen Punk-Subgenres voneinander abgrenzen. Wir können jederzeit eine Platte in einem beliebigen Stil aufnehmen – und genau das machen wir. Punk, Soul und Glam hatten wir ja schon – und eines Tages kommt das Bubblegum-Album. Wir sind im Vergleich zu SHELLAC das, was die ARCHIES im Vergleich zu BLUE CHEER waren, hahahaha. So wie SHELLAC sich ganz aggressiv dem Nicht-Pop-Sein widmen, widmen wir uns aggressiv dem sich an überhaupt nichts orientieren. Nein, wir sind aggressiv pop-orientiert.
Jim: Aggro-Pop, das ist unser Ding.
Mick: Oder Gonzo-Rock. So hat uns in Frankreich jemand bezeichnet, frei nach Hunter S. Thompson. Und das gefällt mir: Wenn jemand der Meinung ist, unsere Musik höre sich so an wie Hunter S. Thompson schreibt, dann kann ich damit gut leben. Dazu passt auch ganz gut ein Zitat von mir aus einem früheren Interview: ‘THE DIRTBOMBS is a band that doesn’t sound like they ever heard rock’n’roll but they read about it a lot’, harharhar.

Mick, du bist auch einer der wenige schwarzen Punk-Musiker – ein Phänomen, das ich mir bis heute nicht erklären kann.

Mick: Als ich Ende der Achtziger, Anfang der Siebziger begann, mich für Punk zu interessieren, gab es in Detroit genauso viele Schwarze wie Weiße, die Punk hörten. Ich war nicht der einzige, es war nichts besonderes. Punkrock und New Wave wurden völlig gleichberechtigt im Radio gespielt. Für mich war es ganz normal, ROXY MUSIC, RAMONES, Ted Nugent und KANSAS nacheinander auf einem Rocksender zu hören. Die spielten auch viel örtliche Bands, die interessantesten neuen europäischen Platten – auch die DEAD KENNEDYS hörte ich da zum ersten Mal. Es war nichts außergewöhnliches, und wir schwarzen Kids hörten neben vielen anderen Sachen eben auch Punkrock. Im Laufe der Zeit wurden die schwarzen Kids in der Punkszene immer weniger, aber anfangs war das ganz normal. Deine Frage erstaunt mich übrigens nicht, gerade in Europa höre ich die recht oft.

Mick, ich danke dir.