CALIBAN

Foto

Moooooosh!

Ich geb’s zu: Der CALIBAN-Zweitling war trotz großartiger Instrumentierung eine kleine Enttäuschung für mich, denn irgendwie gefielen mir die Ruhrpottler zu Zeiten des Vorgängers „Small Boy And A Grey Heaven“ und der Split mit den Labelkollegen HEAVEN SHALL BURN um einiges besser, hatten sie doch zu dieser Zeit mehr Wert auf aggressive Parts gelegt. Trotzdem war „Vent“ ein geiles Album, doch was die Herren nun mit ihrem neuen Langeisen „Shadow Hearts“ vorlegen, stellt all ihre bisherigen Ergüsse in den Schatten: CALIBAN sind wieder härter, verzichten auf Female Vocals und kommen mit dem wohl fettesten Sound ihrer Bandkarriere ums Eck.

Kein Wunder, schließlich wurde die Scheibe auch in den legendären Woodhouse-Studios gezimmert, wo auch schon Metalgrößen wie TIAMAT, LACUNA COIL oder ANGEL DUST ihren soundtechnischen Höhepunkt fanden. „Allein der Aufnahmeraum war so groß wie die kompletten Studios, in denen wir zuletzt aufgenommen hatten“, gibt der freundliche Schlagzeuger Robert zu Protokoll. „Schon nach den ersten, ungemasterten Aufnahmen wussten wir sofort: Genau das ist der optimale Sound für uns.“
Wobei die verantwortlichen Knöpfchendreher den kosmetischen Fehler des Zweitlings ausmerzten, indem sie Andys Vocalspur deutlicher abmischten. „Im Nachhinein finde ich die Gesangspur auf ‚Vent’ auch zu leise, deshalb war es uns wichtig, dieses Problem bei der neuen CD erst gar nicht entstehen zu lassen“, erzählt der weit gereiste Musiker, der in den letzten Jahren unter anderem in Großbritannien, Belgien, den USA und sogar in Japan aufspielen durfte. In letzterem Bereich der Erde war er im Vorprogramm von unter anderem PANTERA und SLAYER zu sehen. Ein Erlebnis, um das ihn sicherlich etliche (einheimische) Hartwurstbands beneiden werden.
„Jedes Land hat seine Eigenschaften. In den USA kommt es zum Beispiel vor, dass du auf der Bühne stehst, und die Leute schlagen sich schon vor dem Gig die Köpfe ein. Was dort abgeht, ist einfach unglaublich, die Zuschauer gehen total mit und feiern bis zur letzten Sekunde. In Japan errichteten die Besucher zwar keinen Moshpit, sondern begnügten sich mit Pogo, aber die Geräuschkulisse war dermaßen euphorisch, so etwas kann man kaum beschreiben. Das Publikum war schon vor der Show lauter als manche Band... ich musste nach dem Gig so viele Autogramme geben und Fotos mit Fans machen – da kommt man sich zunächst richtig blöd vor, denn von Europa und Amerika sind wir solche Sachen einfach nicht gewohnt.“
In den USA und in Japan erschien „Shadow Hearts“ auf Prosthetic Records beziehungsweise Imperial Recordings, in Europa bleibt man indes dem Stammlabel Lifeforce treu. Ein Unternehmen, das, so erfährt man von jeder Lifeforce-Band, für jeden Musiker ein absoluter Glücksfall sein muss. Robert findet ebenfalls nur lobende Worte über die Arbeit des Labelchefs Stefan: „Er gibt für seine Bands alles, wir haben ihm viel zu verdanken. Das Gute an Lifeforce ist, dass sie nicht zu viele Formationen unter Vertrag nehmen, deshalb können sie sich für ihre Bands voll und ganz einsetzen. Es gab einige Angebote anderer Labels, aber die Frage war für uns indiskutabel. Stefan hat jetzt mit Soulfood auch einen sehr guten Vertrieb am Start, es gab also keine Veranlassung für einen Wechsel. Uns ist es lieber, unsere Alben auf einem Label zu veröffentlichen, das seine wenigen Bands in den Mittelpunkt stellt, anstatt auf einem Major eine unter vielen Combos zu sein.“
Dass man als Hardcore-Band gerne voreilig als „Vegan-Straight-Edge-Truppe“ tituliert werden kann, davon durften sich CALIBAN in den vergangenen Jahren selbst überzeugen. Anscheinend reicht der Musikstil für viele Medien und Hörer aus, um Bandmitglieder auf diese Lebensweise festzulegen, doch im Fall der Ruhrpottler stimmt das nicht wirklich. „Mit Ausnahme unseres Bassisten sind wir zwar alle Vegetarier, aber wir haben uns nie als Straight-Edge-Band gesehen und uns auch nie so bezeichnet. Diese Titulierung kam immer von anderen Leuten, aber wie genau das Gerücht zustande kam, wissen wir bis heute nicht.“
Dass CALIBAN sich auch in eBay-Kreisen größter Beliebtheit erfreuen, ist Robert natürlich nicht entgangen. Raritäten wie die Digipack-Erstauflage des „Small Boy And A Grey Haven“-Albums gehen da schon mal gerne für 50 Euro und mehr über die virtuelle Ladentheke. „Das ist wirklich unglaublich und eine Ehre“, kommentiert Robert abschließend lachend, „aber ich muss zugeben: Ich würde nie derart viel Kohle für eine CD ausgeben.“