PUP

The Dream Is Over

Der im Titel erwähnte Traum eines zweiten Albums wäre für die vier Kanadier von PUP tatsächlich fast vorbei gewesen. Nach dem exzessivem Betouren des Debüts und damit verbundener Gesangsleistung wurde Sänger Stefan eine Zyste auf den blutenden Stimmbändern attestiert.

Statt sich nun im Selbstmitleid zu suhlen, konzentrierte man sich auf lieber die Genesung und hebt nach abgeschlossener Rekonvaleszenz nun anschließend auf dem zweiten Album die Gläser und den Stinkefinger in Richtung „Beinahe-Karriereende“.

Das Ganze mit herrlich chaotisch-überdrehten Songs. Hinsichtlich hakenschlagender Melodieseligkeit hatte bereits das selbstbetitelte Debüt die Messlatte hoch angesetzt. Ähnlich wild-eingängige Songparts aneinanderzureihen war bislang vor allem den mittlerweile leider verblichenen TUNDERBIRDS ARE NOW! gelungen.

„The Dream Is Over“ legt gegenüber dem Debüt nun vor allem noch eine Schippe Aggressivität drauf. Die Trademarks bleiben jedoch: Mehr Mitgröl-Hooklines als bei POTSHOT (sorry, Ska-Fans, mir fiel kein besserer Vergleich ein) und ein Energielevel wie zuletzt bei den JAPANDROIDS oder THE DIRTY NIL.

Musikalisch bedient sich „The Dream Is Over“ dabei dreist aus Indie, Punk, Noise und Hardcore. Auch wenn Songtitel wie „Can’t win“ oder „Old wounds“ anderes vermuten lassen, geht’s analog zur Band-Vorgeschichte zwar um Niederlagen, aber eben primär auch um das freudige Wiederaufstehen und eben kurz die Krone richten.

Als letzter ruhiger Moment des Albums eröffnet „If this tour doesn’t kill you, I will“ mit Akustikgitarren und zieht indirekt ironisch die Bilanz aus über 500 gespielte Shows, um dann nicht einmal eine Minute danach hymnisch auszubrechen.

Es folgt direkt das grandiose „DVP“, zu dem es ein nicht minder unterhaltsames 8Bit-Reminiszenz-Video gibt. Danach geht es intensiv weiter: „Doubts“ toppt die letzten fünf oder sechs WEEZER-Alben, und „Old wounds“ wirkt wie eine FIDLAR/Hardcore-Mischung.

Lediglich in „Pine point“ nehmen PUP das Tempo raus und lassen das Album gemäßigt ausklingen. Ansonsten bollert das Schlagzeug durchgängig untanzbar für jeden Indie-Disco-Hipster wie auf frühen NIRVANA-Platten durch die Songs.

Die Gitarren spielen Kinder-Melodien und feiste Riffs – gleichzeitig. Und der Gesang pendelt zwischen Group-Shouts, lieblichen „Oh-oohs“ und Mitsingmelodien. Diese Mischung hält das Euphorie-Level bis zum Ende durchgängig hoch.

Freunde des schlechtgelaunten, gesellschaftskritischen Achtziger-Wave-Punk-Revivals sollten deswegen vielleicht lieber weghören. „The Dream Is Over“ feiert mit Kater nach einer Weltuntergangsparty einfach weiter.

„My life is over and I couldn’t be happier“.