JUNKER

Simon Spruyt

Die Niederlande und die Hohenzollern verbindet ja spätestens, seitdem die niederländische Königin Wilhelmina dem letzten deutschen Kaiser und König von Preußen Wilhelm II. trotz Antrag der Entente-Mächte auf Auslieferung als Kriegsverbrecher 1918 Asyl gewährt hat, ein ganz spezielles Band.

Hm, war wohl ein Familiendienst – irgendwie war in Adelskreisen schließlich doch jeder mit jedem verwandt. Was wohl passiert wäre, wenn da nicht immer mal wieder ein Kuckuckskind eingeschleust worden wäre? Aber zurück zum Thema: Muss sich nun also mit Simon Spruyt auch ein Flame den in Deutschland allgemein eher ungeliebten Preußen widmen.

Warum? Rückblickend werden die preußischen Tugenden der Disziplin, des unhinterfragten Gehorsams und militärischen Drills hierzulande häufig sowohl als Auslöser des Ersten Weltkriegs als auch als direkte Vorarbeit für das lemminghafte Verhalten der Deutschen während des Dritten Reichs wahrgenommen.

Der Vorwurf einer Verklärung steht dadurch immer indirekt im Raum, wer will sich daran schon die Finger verbrennen? Spruyt jedenfalls – der Untertitel „Ein preußischer Blues“ lässt es schon erahnen – gelingt der Spagat zwischen menschlicher Darstellung und kritischem Hinterfragen.

Dabei greift er optisch wie inhaltlich zu einem besonderen Kniff: Gesichter zeichnet er nur der Hauptperson Ludwig von Schlitt, dessen Gouvernante Gretchen, seinem Bruder und seinen Eltern und dem Kaiser Wilhelm II., alle anderen Menschen werden ausschließlich mit eierkopfartigen Smileygesichtern dargestellt.

Eine sehens- und lesenswerte Erzählung um einen seltsamerweise im Gegensatz zum Dritten Reich gerne todgeschwiegenen und wenig ruhmreichen Abschnitt deutscher Geschichte. 2014 zu Recht als bester niederländischer Comic ausgezeichnet.