NIEMAND SOLL FRIEREN MÜSSEN

Mario Stegmann

Grimmig schaut er drein: Mario Stegmann, alias Moor, auf der Frontseite seiner Autobiografie. Als ehemaliger Randständiger mit allem was dazu gehört (Drogen, schwierige Familienverhältnisse, Gewalt, Gefängnis, etc.) hat er sicherlich auch Grund dazu, obwohl er aus Bern kommt, der Hauptstadt der verwöhnten Schweiz.

Im Zentrum des lose gegliederten Buches steht die von Moor mitbegründete Notschlafstelle „Sleeper“. Der bald sechzigjährige Punk beschreibt erstaunlich unpolitisch, mit welchen Schwierigkeiten sich eine unabhängige Notschlafstelle herumschlagen muss: problematische Gäste, Behörden, Medien und vor allem auch Vorurteile.

Diese sind die eindrücklichen Momente des Buches, wenn Moor beschreibt, wie er schon als Kind mit diesem Generalverdacht umzugehen gelern hat: „Es kommt immer darauf an, wer schaut was aus welcher Sicht an“, so Moor.

Er war immer Schuld an allem, nur weil seine Familie anders als andere und Moor sicherlich auch nicht das einfachste Kind war. Bemängeln muss man am Buch das Fehlen von Fotos des „Sleeper“ und des „Dead End“, einer Bar, die ebenfalls von den Punks geführt wird.

So verliert man während der teils chronologischen und teils thematisch gegliederten Buches die Übersicht. Die Notschlafstelle musste immer wieder umziehen und als Nicht-Berner ist man schnell überfordert mit den Beschreibungen.

Apropos Berner Eigenheit: Der Lauftext ist bereichert mit berndeutschen Ausdrücken und hinten im Buch findet man ein Glossar. Für mich eine gelungene Spielerei mit der Sprache. Moor ist ein Sprachrohr für tausende von Punks und Randständige überall in Europa.

Leider kommt die Musik in dem Buch zu kurz.