V.A.

Punk 45 – Les Punks: The French Connection

„The First Wave Of French Punk 1977-80“ lautet der Untertitel der neuesten Compilation aus dem Hause Soul Jazz, und wie bei den anderen Teilen der Reihe auch geht es darum, eine räumlich und/oder zeitlich umgrenzte Szene zu dokumentieren.

Die britische Punk-Szene ist ausgiebig dokumentiert, die US-amerikanische war es schon in den Achtzigern und wird es immer noch, doch interessant wird es – gerade für ein internationales Publikum – dann, wenn nicht-anglophone Länder, die von jeher zwar eine starke nationale Szene haben, aber ansonsten eher Exotenstatus besitzen, mal unter die Lupe genommen werden.

Zugegeben, in Zeiten von YouTube-Playlists gibt es fast nichts, was nicht irgendwo schon irgendwie gemacht wurde, doch die Verewigung auf einen Tonträger mit sorgsam recherchierten Begleittexten und Fotos hat doch eine andere Qualität.

Und deshalb also Frankreich. Paris war ja erstaunlicherweise in der Rockwelt der Mittsiebziger ein heißes Pflaster, mehr als Berlin, gleichauf fast mit London, und so waren STOOGES, NEW YORK DOLLS und SEX PISTOLS schon früh an der Seine zu Gast und inspirierten junge Wilde.

Auf „Les Punks: The French Connection“ finden sich neben bekannteren Namen wie METAL URBAIN, CHARLES DE GOAL, KAS PRODUCT, DOGS, METAL BOYS und LES OLIVENSTEINS auch welche, die nicht so geläufig sind, für die man sich schon etwas mehr mit „Franzpunk“ beschäftigt haben muss, etwa MARIE ET LES GARÇONS, FANTOMES, GAZOLINE SALLY, ASPHALT JUNGLE, ELECTRIC CALLAS, ANGEL FACE und CALCINATOR.

Manche singen auf Englisch, viele auf Französisch – für mich bis heute eine reizvolle Sprache für Punk. Stilistisch fallen die frühen Ausflüge ins Elektronische auf, etwa bei A3 DANS LES WC, METAL URBAIN und CHARLES DE GOAL – diese Klangfarbe kannte man aus anderen europäischen Ländern in dieser Art nicht, dreißig Jahre später griffen Bands wie EPOXIES oder LOST SOUNDS diesen Stil auf.

Eine spannende Nachhilfestunde, die man durch Studium des mehr als fünfzig Seiten starken Booklets, unter anderem mit Interviews mit Marc Zermati (Skydog Records), Patrick Eudeline (ASPHALT JUNGLE), Michel Esteban (Ze Records) und Eric Debris (METAL URBAIN) noch vertiefen kann.