TOTEM

Nicolas Wouters, Mikael Ross

Für unsere Geschwister, ohne die es dieses Buch nicht gäbe.“ So viel verraten der belgische Szenarist Nicolas Wouters und der deutsche Zeichner Mikael Ross, die nach „Lauter leben“ bereits zum zweiten Mal zusammenarbeiten, über den Realitätsbezug des Inhalts.

Wouters’ Dank an Familie und Freunde, die ihn „in diesem manchmal schmerzhaften Schreibprozess ermutigt haben“, lässt darauf schließen, dass es sich tatsächlich um seinen jüngeren Bruder handelt, der in dieser Geschichte als etwa Zehnjähriger im Sterben liegt.

Darauf weist auch der Ort der Handlung hin, ein Ferienlager in den belgischen Ardennen. Sonst bleibt aber vieles in diesem Buch dunkel und unscharf. Wouters verknüpft die Ebenen der Wirklichkeit und der Symbolik so sehr, dass es nicht immer ganz leicht ist, der Handlung zu folgen.

Geschenkt wird dem Leser nichts, er muss sich schon bis zur letzten Seite vorarbeiten, um eine Ahnung davon zu bekommen, was hier eigentlich passiert oder passiert ist. So sind in dem der Hauptperson zwangsverordneten Jugendzeltlager spannungsgeladene, regelbrechende bis rücksichtslose Rituale des Aufwachsens (kiffen, onanieren, Schikanen, Gangbildung) von Bedeutung, die ihren Höhepunkt schließlich im Erkämpfen eines Totemtiers finden.

Zwischen den Zeilen und in den Bildern ist die inhaltlich eigentlich zentrale Überwindung von und Auseinandersetzung mit Ängsten abzulesen. Unterstrichen von Ross’ zwar farbigen und doch melancholischen Zeichnungen im Stile eines Joann Sfar, eindrucksvoll präsentiert im nahezu quadratischen Großformat, erzählt „Totem“ eine unendlich traurige Coming-of-Age-Geschichte, die nicht nur vom Aufwachsen und dem Ende einer Kindheit handelt, sondern gleichzeitig auch vom Ende des Lebens.