Klaus Bittermann

SID SCHLEBROWSKIS KURZER SOMMER DER ANARCHIE UND SEINE SUCHE NACH DEM GLÜCK

Sid – wie ihn seine Eltern natürlich nicht nannten – will endlich das erleben, was ihm bisher nur die noch junge Punkmusik, so frisch wie Punk eben 1980 in der westdeutschen Provinz noch wirkte, verheißen konnte.

Was bisher nur als Glücksversprechen und Rebellion, unverstanden von seinen Eltern, den Rillen des Vinyl entströmte, soll Realität werden. Also auf nach London. Doch dann geht es nach Italien, weil Nancy das vorschlägt, die auch gerade Reißaus nimmt.

Sie hat das, obwohl erst 16 Jahre alt und damit nur wenig jünger als Sid, schon einmal gemacht. Nancy weiß ihren snobistischen Standesdünkel einzusetzen, um sich Hotelzimmer zu erschwindeln, Hotelgäste und Modeboutiquen auszunehmen und in einem geklauten Auto weiterzuziehen, wenn es brenzlig wird.

Bittermann nimmt einen dabei leichtfüßig mit auf die Reise, stets mit einer spürbaren Zuneigung zu den beiden Ausreißern, die ihr Leben abseits der bürgerlichen Moralvorstellungen selbst in die Hand nehmen.

Es entfaltet sich ein Reigen an gut getroffenen Charakteren und er weiß zeitgeschichtliche Ereignisse, auch den Punk, behutsam einzubinden. Peinlich berührt ist man selbst dann nicht, wenn ein Schutzengel die Bühne betritt, nur ermüdet es bisweilen etwas, wenn der Autor sich in detaillierten Beschreibungen verliert.

Irgendwann fliegt natürlich alles auf, die beiden fallen, ihrem sozialen Background entsprechend, einmal hart und einmal weich, London bleibt unerreicht und auch die beginnende Liebesgeschichte endet abrupt.

Der Road-Roman kippt zum Drama, bleibt dabei immer klug inszeniert.