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KIEV STINGL

Teuflisch

Achim Reichel, der RATTLES-Chef, spielte bei der Karriere des Underground-Poeten Kiev Stingl Geburtshelfer. Mitte der Siebziger, die US-Beatpoeten hatten Hochkonjunktur, bildete sich auch in der BRD eine Szene um Wortkünstler wie Wolf Wondratschek, Jörg Fauser oder eben Kiev Stingl, einem der radikalsten Vertreter der Bewegung.

Stingl versuchte bald auch, seine finstere Poesie mit musikalischem Leben zu füllen. Da kam ihm der Kontakt zu Reichel recht, der einen Deal mit Telefunken einfädelte und mit Dicky Tarrach sowie Udo Lindenbergs Tastenmann Jean-Jacques Kravetz ein Album aufnahm.

Reichel spielt fast alle Gitarrenparts ein. „Teuflisch“ ist ein ungewohnt finsteres Werk geworden, verkaufte sich 1975 kaum, geriet schnell in Vergessenheit. Stingls lakonisch beschwörende Vocals haben einiges mit Lou Reed gemeinsam, auch mit einem schwatzhaften Bob Dylan in einer etwas brummigeren Tonlage.

Die kargen Arrangements von „Teuflisch“, bewusst auf repetitive Elemente und „Drones“ setzend, sind auch so etwas wie ein Bindeglied zwischen VELVET UNDERGROUND und dem, was in der New-Wave-Ära en vogue sein sollte.

Und so kam es schließlich zu Beginn der Achtziger, als Punk dann auch endlich in Deutschland eingeschlagen war, zu einem Rerelease des Albums auf Reichels Label Ahorn. Sireena hat nun „Teuflisch“ und die folgenden zwei Stingl-Platten wiederaufgelegt, man darf sich zudem auf eine Film-Dokumentation und die neu aufgelegten Lyrikbände des finsteren Poeten freuen.