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NICK CAVE

Reinhard Kleist

Im Nachwort zu seinem Nick Cave-Artbook beschreibt Reinhard Kleist, wie er 2013 zum Greenville-Festival ins Brandenburgische fuhr, um sich – so interpretiere ich das – vom Meister die Absolution zu holen, diese teilbiographische Graphic Novel zu zeichnen und zu schreiben.

Anschaulich beschreibt Kleist, wie er während eines Gewitters zu Cave vorgelassen wird, um diesem sein Projekt vorzustellen. „Es war vollkommen surreal“, erinnert sich Kleist. Und für Kleist wenig überraschend regt Cave, der große Geschichtenerzähler, der sich schon zu seiner Berliner Zeit Anfang der Achtziger in der Kunst der Selbstinszenierung übte, an, „die Geschichte ins Legendenhafte zu verlegen und sein Leben zu mythologisieren“.

Dazu passt auch das Artbook-Vorwort von Cave-Biograf Max Dax, in dem dieser schreibt: „Von Anfang an hat Nick Cave seine eigene Karriere als zu erzählende Geschichte begriffen, als Legende.“ Und so hat Kleist in mit starken Kontrasten arbeitenden Schwarz-weiß-Bildern ohne Schraffuren und Grauwerte das Leben des am 22.

September 1957 als Nicholas Edward Cave in Australien geborenen Mannes in Szene gesetzt, der erst Ende der Siebziger in Melbourne mit BOYS NEXT DOOR Punk machte, mit THE BIRTHDAY PARTY in London und Berlin das Fundament zu seiner späteren Karriere legte und schließlich als NICK CAVE AND THE BAD SEEDS ab 1983 mehr und mehr zu jener beeindruckenden Popkultur-Inszenierung wurde, als die man ihn bis heute schätzt.

Mit „One More Time With Feeling“, dem Dokumentarfilm aus dem Jahre 2016, kommt man Cave und der Idee von dessen Identität weit weniger nahe als mit Kleists Graphic Novel, doch wer auf Fakten, auf Wahrheit und Gewissheit aus ist, muss woanders suchen.

Ein beeindruckendes Buch.