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LE BUTCHERETTES

bi/MENTAL

Teresa Suárez Coscío alias Teri Gender Bender ist eine beeindruckende Frau. Aufgewachsen in Denver in den USA, zog sie im Teenageralter nach Mexiko, nach Guadalajara, entdeckte die Latino-Punk-Szene für sich und gründete 2007 mit LE BUTCHERETTES ihre eigene Band, in der sie die klare Chefin ist.

Die Besetzung wechselte mehrfach über die Jahre, zwischendurch war mal Omar Rodríguez-López ihr Bassist und auch Produzent. Nach dem Debüt „ Sin Sin Sin“ (2011) auf Omars Label erschienen die beiden Nachfolger „Cry Is For The Flies“ (2014) und „A Raw Youth“ (2015) beide auf Mike Pattons Ipecac-Label und brachten Teris Band wachsende Bekanntheit.

Mit „bi/MENTAL“ ist nun auf Rise das vierte Album erschienen, produziert nicht mehr von Omar, sondern von Jerry Harrison, der einst bei Jonathan Richmans MODERN LOVERS war und ab 1977 Gitarrist und Keyboarder der TALKING HEADS.

Der großen Rodríguez-López-Familie ist Teri aber treu geblieben, respektive die ihr: Rikardo Rodríguez-López ist an der Gitarre und Marfred Rodríguez-López am Bass zu hören, Alejandra Robles Luna trommelt.

Das Vorgängeralbum war noch in einer gänzlich anderen Besetzung entstanden, woran man erkennt, wer bei LE BUTCHERETTES das Sagen hat. Dass Teri sich ihre Position erkämpfen musste, wird im Interview mit ihr deutlich: „bi/MENTAL“ wird seitens des Labels als „a personal ode to mental health“ beschrieben, es heißt „the band dissect the meaning of family“, und darauf angesprochen, erzählt Teri auch im Hinblick auf die schwierige Beziehung zu ihrer Mutter und deren psychischer Probleme: „Um die Liebe eines kranken Menschen kämpfen zu müssen, dem es nicht besser gehen wird, solange der das nicht selbst will, das ist eine harte Erfahrung mit viel Licht und viel Schatten.

Sich in dieser Dunkelheit nicht zu verlieren ist hart, denn es ist so leicht, sich abzuschotten und der ganzen Welt die Schuld zu geben.“ Da mag das Album, das um Teris markante Stimme (oft mit Siouxsie Sioux verglichen) herum aufgebaut ist, über weite Stellen recht fröhlich und lebensbejahend klingen, hat sich an dieser grundsätzlichen Orientierung hin zu farbenfrohem Achtziger New Wave-Pop nichts geändert, doch darunter ist es schwarz, wird es ernst.

Spannend an diesem Album mit viel Subtext sind auch die Gastsänger*innen: Jello Biafra steuert zum Opener „spider/WAVES“ einen Spoken-Word-Part bei, die chilenische Latino-Pop-Sängerin Mon Laferte ist bei „la/SANDÍA“ zu hören, und bei „mothers/HOLDS“ kommt L.A.-Punkikone Alice Bag (THE BAGS) ins Spiel.

„bi/MENTAL“ ist ein komplexes Album, bedeutungsschwanger, aber nicht überfrachtet. Weibliche (Pop-)Musik anno 2019 muss, kann, darf genau so feministisch und voll von Self-Empowerment sein.

Schwäche zeigen, um daraus Stärke zu gewinnen – die Antithese zu weißem Macho-Rock.