BILLY BRAGG AND THE BLOKES

England, Half English CD

Während in den Zeitgeistgazetten verstärkt der Diskurs über die Repolitisierung der Musik geführt wird, beweist ein unscheinbarer und unbeugsamer Zeitgenosse aus England schon seit Jahren eindrucksvoll, dass der politische Song eigentlich noch nie tot war, sondern bestenfalls unentdeckt zwischen den glitzernden Fassaden der Spaßgesellschaft geschlummert hat.

Es mag sein, dass in Zeiten der neuen Mitte in fast allen wichtigen Industrienationen die Positionen zwischen Gut und Böse so extrem verwässert wurden, dass man sich schließlich nur noch zwischen hell- und dunkelgrau entscheiden konnte.

Kein guter Nährboden für den politischen Song, aber zwischenzeitlich hat sich die Lage drastisch verändert. Man bevorzugt wieder Pseudosicherheit durch Kontrolle statt Freiheit und auch hierzulande wird die Rückkehr in eine extremistische staatliche Repressionspolitik noch in diesem Herbst immer wahrscheinlicher.

Es ist also an der Zeit, sich intensiv mit BILLY BRAGG zu beschäftigen, der im Gegensatz zu einigen seiner früheren All-Acoustic-Veröffentlichungen, diesmal mit den BLOKES wieder eine Begleitband um sich geschart hat.

Somit würde es mich auch nicht verwundern, wenn sich BILLY BRAGG demnächst sogar in diversen Indie-Charts wiederfindet, denn das Material ist sowohl vom Songwriting als auch von der Umsetzung her absolut großartig.

Die wohl intelligenteste Form von Pop, die es zur Zeit gibt und seit der "Global A Go-Go" von JOE STRUMMER habe ich keine so überzeugende und beeindruckende Non-Punkrock-Platte mehr gehört.

IMF, WTO. I hear these words just everywhere I go. Who are these people? Who elected them? And how do I replace them with some of my friends? ("No Power without Accountability"). Die Ohnmacht des Individuums, dessen Handlungsspielräume immer enger werden, in einer Zeit, in der Worte wie Geschwindigkeit und Schnellebigkeit das tägliche Leben charakterisieren und in der auf die Revolution von Gestern schon der Umschwung von Morgen folgt.

Gerade hier erscheint diese Platte irgendwie ungemein wichtig - zumindest, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen.