SONIC YOUTH

Murray Street CD

Die Nerven liegen blank bei der Musikindustrie: erst mit der offiziellen Veröffentlichung gab's eine Vollversion des Albums für die Presse, bis dahin maßte man sich an, das Werk seiner Künstler mit einer Vorabversion zu verkrüppeln, auf der sämtliche Songs nach zweieinhalb Minuten ausgeblendet wurden - und das bei einem Album, bei dem vier der sieben Songs über sechs, sieben, elf und neun Minuten lang sind.

Irgendwas läuft hier grausam schief, habe ich den Verdacht - und ich frage mich auch, welches Bild vom Musikjournalismus da in den Chefetagen gepflegt wird: das von Zeilenknechten, denen man jeden Knochen gnädig hinschmeisst, können ja froh sein, dass sie überhaupt was bekommen? Egal, schreibt irgendwas, ist doch gleich, ob ihr in die Platte nur reingehört habt und keine wirkliche Meinung bilden konntet...

Ereifere ich mich etwas? Nun, zum Album, das ich rezensiere, nachdem ich SONIC YOUTH auf ihrer Deutschlandtour gesehen habe. Live waren die New Yorker einmal mehr beeindruckend, wenn auch latent in dem Sinne, dass man hier "Überlebende" auf der Bühne stehen sah, eine Band, die zwar begeistern konnte und ohne Zweifel in Sachen atmosphärischer Dichte jede dieser Nu Metal-Pups-Bands an die Wand gespielt hat bzw.

hätte. Aber wirklich neue Impulse setzen, das können und wollen SONIC YOUTH nicht (mehr). Erwartet man das? Nicht wirklich, und so klingen SONIC YOUTH auch nach der Frischzellenkur in Form des Neuzugangs Jim O'Rourke vor allem wie sie immer geklungen haben, und das ist genug, oder auch nicht: ein Bekannter, den ich für einen der größten SONIC YOUTH-Fan unter der Sonne halte, zeigte sich bitter enttäuscht von "Murray Street", fand die Platte schlicht langweilig.

Mit "Rain on tin" und "Plastic sun" jedoch sind zumindest für meinen Geschmack zwei typische, klassische SY-Songs enthalten - mir gefällt "Murray Street". (45:41) (7/10)