STEPHAN EICHER

Les Chansons Bleues 2CD

Da isser wieder, der Schweizer, der alles ein wenig anders macht als die anderen. Eine zwanzig Jahre alte Platte bleibt in der Regel entweder gestrichen oder sie wird einfach neu "gemastert", was in den meisten Fällen nur bedeutet, dass die Platte mit dem Radiocode für die GEMA-Abrechnung unterlegt wird, eine neue Verpackung erhält und das war's dann auch schon.

Klanglich kommt das Ganze dann zumeist so wie die Originalplatte von damals, ist dafür aber doppelt so teuer. Nun, bei Stephan Eicher zahlt der Meister auch schon mal selber seine Coveridee aus eigener Tasche, wie bei der letzten Platte geschehen, wo die Folien für die unterschiedlichen Textvariationen auf Kosten des Hauses gingen, weil die Plattenfirma die Idee eines "Gesamtkonzepts" nicht ganz verstanden hatte.

Demnach hätte es mich auch schwer gewundert, wenn diese Platte einfach nur als CD erschienen wäre. Aber in der Tat, es gibt sie, 1:1 im Klang der frühen 80er, so wie sie damals aufgenommen wurde als erste Solo-LP nach dem Ableben von Grauzone.

Da ist die Coverversion von Kleenex, deren Claudia Schifferle noch einige Texte mehr zugesteuert hat, die minimalste Chuck Berry-Coverversion ever, "Les Filles Du Limmatquai" (das man nur in Zürich versteht) und der ganze Rest.

Viel Elektronik, die Gitarre hält sich größtenteils noch zurück, jede Menge kleine wie große Perlen, die nichts von ihrem Glanz verloren haben. Aber da ist noch ein Booklet, das den Werdegang der CD beschreibt und eine zweite CD, mit genau denselben Songs, die allerdings komplett remastert und neu eingesungen wurde.

Der Grund: die alten 24-Spur-Bänder hatten auch nach dem Backvorgang keine Vocals mehr, weil ... ach, lies es doch selber nach. Die Geschichte macht auf jeden Fall Sinn, weil man auch den Gesang richtig hören soll, singt Stephan Eicher seine alten Stücke komplett neu ein, feilt bei dieser Gelegenheit an kleinen Textstellen und veredelt es mit seiner um zwanzig Jahre durch diverse Getränke und Zigaretten gereifte Stimme.

Mir ist keine einzige Veröffentlichung dieser Art bekannt, bei der ein Musiker überhaupt den Mut aufbrachte, die Musik so zu lassen, wie sie war und sich ausschließlich am Gesang zu versuchen.

In der Regel wird entweder die Platte komplett neu eingespielt oder es gibt Overdubs, neue Gitarrenspuren, mehr Soli, mehr Fett, mehr Schnickschnack. Nun, hier nicht, dafür gibt es noch zwei Bonusstücke von der "Souvenir"-Mini-LP, eine exquisite Verpackung und die einmalige Aufforderung, einen direkten Hörvergleich anzustellen.

Nein, ganz und gar nicht wie andere Musiker!