HECATE'S ANGELS

Saints and Scoundrels CD

Stan Ridgway ist jemand, bei dem ich mich schon länger frage, ob sich hierzulande überhaupt jemand an ihn erinnert, der nicht gerade mit WALL OF VOODOO aufgewachsen ist oder mitbekommen hat, wie Ridgway Mitte der 80er mit "Camouflage", von seinem ersten Solo-Album "The Big Heat", in Europa einen Hit landen konnte.

Vier Jahre später kam dann mit "Mosquitoes" 1989 sein zweites Solo-Album heraus, danach wurde die Wahrnehmung von Ridgways Schaffen in unseren Breiten scheinbar immer brüchiger. Sehr bedauerlich, denn im Gegensatz zum Wust belangloser Singer/Songwriter, die überall veröffentlicht werden, besitzt Ridgway ein ganz besonderes Charisma und einen hohen Wiedererkennungswert, der natürlich sehr mit seinem markanten Gesang verknüpft ist.

Musikalisch bewegt sich Ridgway dabei immer im Spannungsfeld von Johnny Cash, Ennio Morricone und seiner früheren Band WALL OF VOODOO, mal folkig akustisch, mal rockiger, ein melancholischer Soundtrack zu den Filmen, die in Ridgways Kopf ablaufen bzw.

seiner oft düsteren Vision von Amerika. Auf "Snakebite", seiner ersten Solo-Platte seit 1999, präsentiert er einen interessanten, in sich ruhenden Querschnitt seiner Fähigkeiten als Songwriter und verzichtet dabei auf die plakativeren Momente seiner vorherigen Platten.

Und eine besoffen-fröhliche Zirkus-Nummer wie "Running with the carnival" fällt da aus dem Rahmen. Neben "That big 5-0", wo er sich mit seinem diesjährigen runden Geburtstag auseinandersetzt, fällt besonders "Talkin' Wall Of Voodoo Blues Pt.

1" auf, eine Aufarbeitung der Geschichte seiner alten Band. Etwas verspätet, aber eventuell dadurch gefördert, dass nach Joe Nanini im Jahr 2000 vor zwei Jahren auch Marc Moreland verstarb, was eine WOV-Reunion nicht unbedingt wahrscheinlicher macht.

Jedenfalls ist "Snakebite" erneut eine ganz fantastische Platte - nennt es Folk, Blues, Country, oder einfach nur Rock -, die Ridgway einmal mehr als Ausnahme-Songwriter bestätigt und als jemanden, der das Erbe Johnny Cashs ehrwürdig verwaltet.

"Blood" zeigt Ridgway von einer etwas anderen, ungewohnten Seite. Zusammen mit seiner Frau Pietra Wexstun nahm er letztes Jahr für die "Blood"-Ausstellung des Künstlers Mark Ryden (Sympathy For The Record Industry-Fans dürften mit seinem Artwork vertraut sein) einen Soundtrack auf, rein instrumental, der vor allem aus düsteren, nur wenig variierten Ambient-Sounds besteht.

Eine recht anstrengende Angelegenheit, die einen im falschen Moment schon recht depressiv stimmen kann, aber dennoch eine faszinierende Form unnahbarer Schönheit ausstrahlt. "Blood" klingt manchmal wie eine Spieluhr oder ein Zirkus direkt aus einem Horrorfilm, eine sakrale Friedhofsmusik, was gut zu den Miniatur-Kunstwerken Rydens passt, der in seinen Bildern eine entartete Märchenwelt voller kindlicher Monstergestalten zeigt.

Eine Nummer wie "Rose" könnte in dieser Form auch in einem Film von Dario Argento auftauchen. Nicht für jedermann und auch nicht für jede Stimmung geeignet, aber dennoch ein weitere interessante Erweiterung von Ridgways Schaffen.