POTATO FRITZ

Baumwolllitze LP/CD

Was ist das denn bitte? Die Hamburger Fahrschule? Unglaublich! Hier bekommt der kleine Wannabe-Indierocker nicht den Arsch gezeigt, sondern den Weg über den Noiserock-Speedway aus dem Einerlei. Unglaublich! Auf dem Könnerlabel Fidel Bastro aus Hamburg kommt die "Baumwolllitze" des POTATO FRITZ.

Der leckt nicht etwa der Hamburger Szene den Scheitel oder biedert sich bei trendgeilen Melodiejunkies an, nein, der brettert mit einem Affenzahn seit nunmehr zehn Jahren durch die Landschaft und ich armseliger Ein-bisschen-bei-so-einem-Musikheft-mitschreiben-Fuzzi mit Balkon und Boiler für die Sitzbadewanne bekomme erst jetzt Wind davon.

Unglaublich! Ich weiß seit Song Nummer 4, dass diese Nacht dieser Platte gehört. Wein auf, Nachbarn egal, Regler auf "Olé" drehen und freuen. Unglaublich! All das Gute, das der Indierock so zu bieten hat, mit einem krachigen Gitarrensound und einem charmant knarzenden Grunge-Sound, dazu deutsche Texte, die schmecken wie Hering am 1.1., und eine Stimme, die genauso klingt, wie sie es für richtig hält und damit so dermaßen gar nichts falsch macht.

Unglaublich! Wer eine gewisse Affinität zu deutschem Liedgut besitzt, zudem Noiserock, Indiegitarren, Post- bzw. nur Punkrock gut zu finden vermag und auch nur einen Finger breit Herz für gute Musik hat, der legt seine Ohrmuscheln in diesen Soundsud und freut sich, weil hammerlecker.

Dabei ist es mir ebenso egal wie dennoch schmuckes Beiwerk, dass das Cover von Jay Ryan gemalt wurde, der dieses Jahr mit einem gewissen Herrn Derek Hess auf Ausstellungstour kommt. Oder etwa, dass POTATO FRITZ viel zu selten live zu bewundern sind und wenn, dann auch noch, um gemeinsam mit ihren Freunden von SUPERPUNK die Insider und die versehentlich Anwesenden zu beglücken.

Die Kinnlade hängt tief, bei mir, aber die Messlatte hängt jetzt hoch, bei den Musizierenden im erbschuldgeplagten, schnappiverseuchten Deutschland dieser Tage. Deutsche Musik abseits der Quotendiskussion.

Die sind Helden! Liebe Grüße, euer