GEISTERFAHRER

1979-1989 CD

Auf dem neuen Sublabel des sonst für elektronische Klänge bekannten Labels PopUp aus Hamburg ist mit dieser CD eine umfassende Werkschau der leider zu Unrecht völlig in Vergessenheit geratenen Hamburger Band GEISTERFAHRER erschienen, die sich bis heute zwar nie offiziell aufgelöst hat, aber deren aktive Phase (deshalb auch der Titel) von Ende der Siebziger bis Ende der Achtziger reichte.

Mein erster Kontakt mit der Band war kurz nach dem Release der "Fischgott"-Platte, die 1986 auf What's So Funny About erschien (und die ich entweder in der Wühlkiste des örtlichen Plattenladens fand oder billig bei Malibu).

Ich glaube, der niedrige Preis war seinerzeit ausschlaggebend für die Kaufentscheidung, deutschsprachige Musik, und darauf deuteten die seltsamen Songtitel hin, war nicht so mein Fall, doch zuhause dann die Überraschung: ein grandioses Gitarrenrock-Album, auf dem zwar eigenwillige Texte gesungen wurden (vor Jens und seinen diversen Bands), aber mit deutlichen Einflüssen aus dem Post-Punk sowohl Englands wie der USA, und so schloss ich diese Platte in mein Herz.

Dabei war dieses Album bereits die zweite Phase einer Band, die da schon turbulente Jahre hinter sich hatte: 1979 im Punk-Kontext gegründet, unter dem Namen STROMAUSFALL beim von Hilsberg initiierten "Punk bis zum Untergang"-Festival in Hamburg dabei, die erste Band auf Zickzack (schon als GEISTERFAHRER), Holger Hiller war anfangs auch involviert, und von da nahm alles seinen weiteren Gang, spielten GEISTERFAHRER zwar nie ganz so weit vorne mit wie ABWÄRTS und EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN, waren aber doch Teil der gleichen Szene.

1980 erschien mit "Schatten voraus" das erste Album, 1982 folgte "Fest der vielen Sinne", 1983 "Topal", doch nach diversen Umbesetzungen war die erste Phase der Band damit auch vorbei. In Trio-Besetzung dann der "Relaunch", mit "Fischgott" von 1985 ging man mit den legendären LEATHER NUN auf Tour, und mit "Stein und Bein" von 1987 wurde, so steht es auch im ausführlichen Begleittext im dicken Booklet, der "Weg in Richtung Alternative Rock konsequent weiterverfolgt", man spielte mit Sylvia Juncosa, CRIME AND THE CITY SOLUTION und anderen Größen.

Ab da hatte man dann auch aufgrund eigener musikalischer Vorlieben englische Texte, zwei weitere Platten ("Geister", 1988, "g-far-i", 1990) erschienen, und dann war die aktive Phase erstmal abgeschlossen.

Die 23 Songs dieser Compilation nun machen GEISTERFAHRER erstmals seit Jahren wieder zugänglich, sind eine Zeitreise, welche die Entwicklung einer Band aus der musikalisch eigenwilligen Frühphase deutschen Punks hin zu konventionelleren Klängen dokumentiert, die dokumentiert, was für absolut spannende Musik auch ein paar Schritte abseits der allgegenwärtigen ganz großen Namen gemacht wurde.

Eine absolut empfehlenswerte CD, sowohl für Spätgeborene wie auch für alte Fans, denn mit "Magazine" und "Zweischlag" wurden zwei bislang unveröffentlichte Tracks ausgegraben. (78:53) (9)