BOTANICA

Berlin Hi-Fi CD

Etwas schneller als sein Vorgänger ist das vierte Album von Paul Wallfischs musikaler Inkarnation BOTANICA erschienen, und hat man einst (was durch nicht böse gemeint war) das Soloprojekt des Ex-FIREWATER-Mannes als musikalisch seiner Ex-Band durchaus ähnlich bezeichnen können, so hat sich das mit dieser Platte erledigt.

Deutschland ist der in Brooklyn ansässige, aber germanophile Musiker auch diesmal treu geblieben, was die Studioarbeit anbelangt: Statt Gelsenkirchen also Berlin (siehe Titel) und auch etwas Brooklyn, und irgendwie macht das Sinn, gibt es doch in beiden Städten viele osteuropäische Einwanderer (auch Paul hat solche Wurzeln), was sich als leichter folkloristischer Einschlag sowohl durch die bisherigen wie auch das neue Album zieht.

Doch während BOTANICA bislang immer auch eine starke Rockband-Note hatten, ist dieser Einfluss hier eher randständig, wird es nur ausnahmsweise mal etwas lauter. Die ruhigen, balladesken Nummern von Nick Cave kommen mir hier in den Sinn, die düsteren Hymnen von BLACK HEART PROCESSION, die dunklen Lieder von MADRUGADA, und das alles verleiht "Berlin Hi-Fi" den Charakter einer perfekten Sonntagmorgen-Platte.

Man kennt das: Noch nicht ganz wach, angekatert vom Vorabend, Kaffee auf dem Tisch, man starrt so vor sich hin, und jetzt bitte keine schlechte und laute Musik. Zum tausendsten Mal VELEVET UNDERGROUND auflegen? Nicht schon wieder.

Also BOTANICA, und diese samtigen, sanften Lieder mit ihrem oft ungewöhnlichen Rhythmus, mit hier und da mal schluchzender Geige, mit Pauls dezentem Orgelspiel, tragen einen wunderbar in den Tag hinein.

Mein Hit hier ist der Titelsong, eine herrlich optimistische, opulente Nummer mit Hymnencharakter und einem gewissen STEREOLAB-Touch, sowohl loungig-lässig wie mitreißend poppig. Macht alles in allem ein rundum gelungenes, wunderbares Album, das mit jedem Durchlauf noch wächst.

(51:11) (08/10)