ELEVENTH DREAM DAY

Zeroes And Ones CD

Was kann man Netteres über eine Band sagen, als dass sie nach knapp 20-jähriger Karriere - soweit man davon im Fall von ELEVENTH DREAM DAY, deren erstes großartiges Werk "Prairie School Freakout" man damals noch als teuren US-Import im Laden erstanden hatte, überhaupt sprechen kann - noch mal eine wirklich unglaublich gute Platte gemacht haben.

Nachdem ich bei meiner Besprechung des letzten FREAKWATER-Albums - der Band von EDD-Schlagzeugerin Janet Beveridge Bean - noch darüber spekuliert hatte, ob EDD überhaupt noch existent sind, halte ich nach sechs Jahren Sendepause doch noch ein neues Werk dieser gnadenlos unterbewerteten Band in den Händen.

Wobei die einzelnen Mitglieder durchaus immer musikalisch aktiv waren: Bean hatte ich schon angesprochen, Sänger/Gitarrist Rick Rizzo mit vereinzelten Solo-Aktivitäten und als Gastgitarrist, und natürlich vor allem Bassist Doug McCombs mit TORTOISE und BROKEBACK.

"Zeroes And Ones" beginnt mit "Dissolution", einen besseren Anfang kann es für ein EDD-Album kaum geben: Rick Rizzos brüchiger Gesang und sein rauhes, immer leicht an Neil Young erinnerndes Gitarrespiel, begleitet von Beans Hintergrundgesang, ein subtiler YO LA TENGO-artiger Orgelsound, der sich durch die ganze Platte zieht, und eine wunderbare Melodie, die in einem prägnanten, aber knappen Gitarrensolo gipfelt.

Ein irgendwie typischer EDD-Song, aber im Vergleich zu den brachialeren Frühwerken inzwischen in Richtung Melodie und ausgefeiltere Arrangements verschoben, was sicherlich mit dem grundsätzlichen Einfluss der vielfältigen Musikszene Chicagos zu tun hat.

Aber "Zeroes And Ones" hat noch andere Höhepunkte zu bieten, direkt danach das treibende "Insincere inspiration", wo Rizzo singt "I don't believe in the change", wofür diese Platte Beweis genug ist, gefolgt von einer fantastischen Hymne wie "For Martha".

Das epische, knapp achtminütige "New rules" entwickelt sich dann gegen Ende mit seinem knarzigen Gitarrensolo immer mehr zu einer "Cortez the killer"-Hommage, aber das ist nicht unbedingt überraschend, hatte man doch bereits schon auf einer der ersten Platten "Southern Pacific" von Young gecovert.

Sehr schön auch das verspielte, poppige "From K to Z", wo Bean singt, wobei dann ein weiterer Höhepunkt der Platte sicher "For everything" mit seinem stoischen Rhythmus und bizarren Breaks ist, wo urplötzlich eine Melodie erscheint, die sofort wieder verschwunden ist, untermalt von 70er-Synthie-Sounds.

EDD haben sich auf "Zeroes And Ones" in gewisser Weise neu erfunden, ohne sich großartig vom Sound ihrer Debütplatte "Prairie School Freakout" zu entfernen, und nur wenige Bands können das in dieser Form von sich behaupten, zumindest kaum welche, die nicht mit den Jahren vollkommen langweilig geworden wären.

Ich versuche mich ja ansonsten mit Superlativen zurückzuhalten, aber bezweifle im Moment schwer, ob ich dieses Jahr im Bereich Oldschool-Rockmusik amerikanischer Prägung noch eine schönere Platte in die Finger bekommen werde.

(10/10)