RADIO BIRDMAN

Zeno Beach CD

Das Comeback-Album der australischen Proto-Punk-Rocker! Keine andere Band hat australische Underground-Musik so maßgeblich geprägt wie RADIO BIRDMAN. Sie waren Mitte der Siebziger neben den SAINTS die Ersten, die das geografisch abgelegene Australien mit Einflüssen amerikanischer Underground-Bands wie THE STOOGES, MC5, BLUE OYSTER CULT und den vielen, damals unbekannten Garage-Bands der ersten "Nuggets"-Compilation konfrontierten.

Das außergewöhnliche Image der damals nur dreieinhalb Jahre existierenden Band, die für die damalige Zeit schockierenden Live-Performances sowie die oft mystisch anmutenden Lyrics dürften wohl viel zur Legendenbildung beigetragen haben.

Nicht nur in ihrer Heimat fanden sie zahlreiche Nachahmer. Zum Anlass des Erscheinens von "Zeno Beach" äußern sich RADIO BIRDMAN auf ihrer Website bezüglich ihrer musikhistorischen Relevanz selbst fast schon bescheiden: " ...

The name and iconic symbol of Radio Birdman evoke many images for those who know and love Australian rock music. Some memories good, some bad, but never a compromise. A legend it is said.

But it's time now to look forward, not back. The future of Radio Birdman is here ... today." Das schlicht gehaltene Front-Coverartwork der 13 Tracks umfassenden CD, ein Schwarzweiß-Druck eines Gemäldes von Adrian Turner, auf dem ein einsamer Strand mit starkem Wellengang und einem zentralen Sonnenuntergang dargestellt ist, wirkt metaphorisch und macht im Zusammenhang mit dem Titel neugierig darauf, was es denn mit diesem Zeno Beach auf sich hat.

Seltsame Songtitel wie "Hungry cannibals", "Found dead" oder "The brotherhood of Al Wazah" auf dem Rück-Cover verstärken diese Neugier und wecken gleichzeitig Assoziationen zu älteren, strange wirkenden RADIO BIRDMAN-Titeln wie etwa "Descent into the maelstrom", "Alone in the endzone" oder aber "Living eyes".

Das leicht Bizarre, Mysteriöse war früher schon ein starkes Element in dem künstlerischen Ausdruck von RADIO BIRDMAN. Mit dem Inhalt verhält es sich ähnlich wie mit dem Betrachten des Coverartworks: Das Hören der neuen Songs erzeugt teilweise eine gelassene, leicht düstere, teilweise eine vorwärts treibende, euphorisierende Stimmung.

Nach dem ersten Durchlauf ist klar, dass RADIO BIRDMAN im 21. Jahrhundert mit "Zeno Beach" streckenweise neues Territorium betreten. Ein Grund hierfür dürfte wohl die Tatsache sein, dass Deniz Tek nicht mehr wie früher fast ausschließlich für das Songwriting zuständig ist, sondern dass Rob Younger, Pip Hoyle, Chris Masuak und Jim Dickson als Co-Writer auch große Teile dazu beigetragen haben.

Zwei Stücke sind dabei ganz aus der Feder des Keyboarders. Neben einigen, an die alten RADIO BIRDMAN erinnernden, dynamisch rockenden Nummern, wie zum Beispiel das großartige "Connected", das stark nach Detroit-Rock klingende "Locked up" oder das fantastische, vom galoppierenden Schlagzeug-Sound getragene "Remorseless" gibt es überraschenderweise mit "Die like April" einen folkig-psychedelischen Song, dessen Melodie und Harmonien mich an ihre Landsleute THE CHURCH erinnern, während das seltsame, in seinen ruhigen Momenten irgendwie creepy wirkende Stück "Heyday" mehr die NEW CHRISTS zu "Lower Yourself"-Zeiten assoziieren lässt.

Das unglaublich rockende Main-Riff der Gitarre bei "You just make it worse" ist so genial einfach wie das in "No fun" von den STOOGES. "Hungry cannibals" und "The brotherhood of Al Wazah" mit seinen üppigen Piano-Passagen haben Etwas von der seltsamen Atmosphäre, die schon Stücke wie "Descent into the maelstrom", "Man with golden helmet" oder "Love kills" hatten.

Der am Schluss platzierte Titeltrack "Zeno beach" ist eine straighte Gute-Laune-Surf-Nummer mit klasse Back-Up-Vocals, die den Hörer dann letzen Endes trotz einiger, eher düsterer Strecken mit einem Hochgefühl zurücklässt.

RADIO BIRDMAN haben damit die hochgesteckten Erwartungen nicht enttäuscht, fast möchte man die im Opener "We come so far (to be here)" gestellte Frage, "Is it enough to be satisfied?", auf den Umgang der Band mit den hohen Erwartungen ihrer Fan-Schar beziehen und bejahen.

Rob Youngers Gesangsstil erscheint auf dieser CD insgesamt ausgereifter und differenzierter (zum Beispiel die hohe Stimmlage im Refrain "You just make it worse") als in den Siebzigern, was mich wiederum manches Mal an seine andere Band, THE NEW CHRISTS, denken lässt.

Deniz Teks und Chris Masuaks Gitarren-Sound erscheint weniger von 60s Garage- und R&B-Bands beeinflusst als auf "Radios Appear" und "Living Eyes". Dafür wurde der Rhythmus-Fraktion, vor allem dem Schlagzeug-Sound des Neuzugangs Russell Hopkinson, aufgrund einer guten, modernen Produktion ein weitaus integralerer Part zugestanden.

Ein ganz großes Rock'n'Roll-Anthem wie "Burned my eye" oder "New race" fehlt möglicherweise, dennoch ist diese Scheibe in meinen Augen ein brillantes, no-bullshittin' Rock'n'Roll-Album, das sowohl großartige, losrockende Tunes enthält als auch durch ausgefeiltes und vielschichtiges Songwriting besticht.

Crying Sun Records ist das bandeigene Label. Ob es auch eine Vinyl-Version geben wird, ist mir nicht bekannt. "Zeno Beach" ist Carl Rorke, dem vor einem halben Jahr verstorbenen, ersten Schlagzeuger der Band gewidmet.

(46.43) (09/10)