PAUL STANLEY

Live To Win CD

Besondere Situationen erfordern besondere Herangehensweisen. Und weil ich mich allein nicht ausreichend gewappnet für diesen Moment sah, stand mir diesmal ausnahmsweise Verstärkung in Form von Bony von den JAPANISCHEN KAMPFHÖRSPIELEN zur Seite.

Zwei altgediente KISS-Fans mit dem neuen Album eines ihrer Jugendhelden. Heissa, das wird ein Spaß! Man bedenke, für uns waren das früher Superhelden auf Bat-, Spider- und eben Superman-Niveau.

Wie sieht es dann knappe 30 Jahre später aus? Als Bony bereits den eröffnenden Titeltrack mit einem lockeren "Das ist eine Nummer, die auch Alexander Klaws hätte singen können" auf den Punkt brachte, schwante mir Schlimmes.

"Aber es ist eine Hookline!", warf ich ein, nur um in ein Gesicht zu blicken, das grinsend zustimmte. Ha! Gemeinsam wünschten wir uns schnell eine rauhere Produktion, waren uns einig, das man von einem über 50-Jährigen wohl kein revolutionäres Rockalbum mehr erwarten könne, seine Stimme hingegen immer noch überzeugt, und dass wir etwas wie "KISS - Das Musical" zu verhindern wüssten.

Falls Gene mal auf die Idee käme. Apropos Gene Simmons: ist "Live to win" besser als dessen letzter Solo-Erguss? Kann man so nicht sagen, der Reiz der Hauptband lag immer in der Kombination der beiden Stile.

Aber sind die Songs gut? Tja, "er kann keine Balladen mehr schreiben, ich hab gehofft, hier wäre mindestens ein Treffer wie ?Million to one' oder ?I still love you' dabei ...", sagt Bony, ich muss ihm da leider zustimmen.

Denn auf den in der Pubertät aufgenommenen Mixtapes waren Schmusesongs von Paul sichere Schlüpferstürmer, davon kann auf dem neuen Album keine Rede mehr sein. Mein Gegenüber beweist mir weiterhin mitsingender Weise, dass "Bulletproof" entfernt an einen der schlechtesten KISS-Songs aller Zeiten namens "Let's put the x in sex" erinnert (was uns nicht davon abbringt, den Song trotzdem zu mögen), das "Dududududu" von "All about you" ist klassischer Stanley und kann alles (vor unseren Augen sehen wir ihn wieder mit dem Hintern wackeln und die Groupies durchdrehen lassen), "Lift" ist schlichtweg grandios und das abschließende "Where eagles dare" rockt gut nach vorne.

Nüchtern betrachtet ist klar, dass dieses Album im direkten Vergleich mit den alten Zeiten nicht mehr die gleiche Magie versprühen kann, aber ein gutes und vor allem zeitgemäßes Album ist Paul auf jeden Fall gelungen.

Und allen KISS-Alben seit "Revenge" ist es mindestens ebenbürtig. Und jetzt legen wir sein 78er Solodebüt auf ... (33:53) (7) (mit besonderem Dank an Bony)