KOMMANDO SONNE-NMILCH

Jamaica CD

Eine Leerstelle ist manchmal etwas Großartiges. Sie kann Kunst sein oder postmoderne Notwendigkeit - oder beides. Meine Band ist so eine Leerstelle im Derrida'schen Sinne: Wir proben nie, wir treten nie auf, eigentlich gibt es uns gar nicht.

Und es gibt aber auch Leerstellen, die schmerzhaft sind, die wehtun und gefüllt werden müssen. OMA HANS haben so eine hinterlassen, eine Wunde, wie sie bisher jede dahingeschiedene Jensen-Band in die deutsche Punklandschaft gerissen hat.

Und wie bei jeder Band können wir es kaum erwarten, bis er sich mit seinem nächsten Projekt zurückmeldet, denn die Jensen-Adepten DUESENSTAAT und SCHNELLER AUTOS D. OHNE SCHNUPFTABAK sind einfach noch nicht so weit - und werden mit dieser Platte auch locker auf die Plätze verwiesen.

Zwar ist "Jamaica" schon die dritte Platte des Projekts KOMMANDO SONNE-NMILCH, das genau genommen schon vor OMA HANS existierte, aber bisher wurde die Band eher als verschrobenes Kunstkram-Projekt wahrgenommen (immerhin hat Brezel Göring auf der ersten elektronisch rumgeschraubt) und hat sich erst mit diesem Meisterwerk daran gemacht, in die Fußstapfen von OMA HANS zu treten.

Wen wundert's, ist doch die Besetzung denkbar ähnlich: Andreas ist sowieso bei jeder Jensen-Band seit BLUMEN ... dabei, Ronnie hat nicht nur die letzten Platten, sondern auch die "Seuchenprinz"-Hörspiele produziert, Stephan war nicht nur bei SLIME und ANGESCHISSEN, sondern hat auch Armin auf "Peggy" vertreten, und Yvon hat bereits auf der zweiten und großartigen Platte "Der Specht baut keine Häuser mehr" viel gesungen.

Leider singt sie auf "Jamaica" viel zu wenig. Und nachdem ich auch die Enttäuschung verkraftet habe, dass KOMMANDO SONNE-NMILCH ohne Thomas Wenzel wesentlich straighteren Punk runterdreschen, der wirklich nahtlos an "Peggy" anschließt und die experimentelle Seite leider beinahe außen vor lässt, muss ich gestehen: Ich hab die Platte jetzt schon so oft gehört, wie früher nur DACKELBLUT-Alben, sie muss einfach eine, wenn nicht die Platte des Jahres sein! Kein Mensch, der bessere und witzigere Texte über das Scheitern und die Verzweiflung schreibt als Jens, ohne Emo, ohne Pathos und ohne Parolen, und keine Band, die dichteren Punkrock spielt, der so auf den Punkt und voll auf die Zwölf gespielt ist.

Unnötig zu sagen, dass die Aufmachung großartig ist, wie immer. Der König ist tot, es lebe der König! (36:46) (10)