TOMTE

Buchstaben über der Stadt CD

Ich habe nie zuvor eine Besprechung zelebriert. Diesmal tue ich es. Vor mir das alte iBook. Dahinter der eben geöffnete Cabernet Sauvignon, links davon der alte 70er Jahre-Aschenbecher, daneben das neue Päckchen FairPlay-Tabak und das alte, schwere Weinglas von Oma Friedel, stillos gefüllt bis zum Rand.

Es ist kurz nach eins in der Nacht zum Sonntag. Es ist angerichtet ... Weil mir diese Band so verdammt viel bedeutet, wie kaum eine andere es jemals getan hat. Es muss eine diffuse Mischung sein aus dem Gefühl von Verpflichtung, Freude und der Gewissheit, gerade in diesem Moment zum wiederholten Male etwas Besonderes zu hören, etwas, das besondere Aufmerksamkeit verdient, mehr als etwas anderes auf dieser Welt in genau diesem Augenblick.

Wie soll ich das erklären? Mit Lieblingsliedern? Mit den wenigen Liedern, die man immer und immer wieder hören kann. Jahrelang, Jahrzehnte! Lieder, die einem nachts auf der Autobahn das Gefühl geben, nicht allein zu sein.

Lieder die helfen zu ertragen, aufzubauen und zu freuen. Die etwas mit dir machen, dich in einen Zustand versetzen, der besser ist als der Augenblicke zuvor. Die vor dem Spiegel besser funktionieren als andere.

Es gibt wenige, die das schaffen. Von TOMTE allein habe ich vier! Oder die Tatsache, dass meine Tochter und ich "Schreit den Namen meiner Mutter" komplett mitgesungen haben, gemeinsam, als wir alleine durch den Norden Sardiniens fuhren.

Wissen Sie, was das bedeutet? Selbst bei "Don't look back in anger" haben wir immer nur den Refrain geschafft. Oder als ich nachts am Fenster der dunklen Wohnung in Bochum stand, alleine, und bei "Die Bastarde, die dich jetzt nach Hause bringen" einer tiefen Traurigkeit freien Lauf lassen konnte, wie selten zuvor.

Ja, vielleicht erklärt das ein wenig, was ich für diese Band empfinde. Und dass ich den Refrain von "Die Schönheit der Chance" noch immer für eine der besten deutschen Textzeilen überhaupt halte, sei da fast nur am Rande erwähnt.

So einfach, so schön. Und jetzt das - "Buchstaben über der Stadt". Ich glaube, ich kann noch gar nichts Genaues sagen. Ich bin ... beeindruckt. Nein, falsches Wort. Verdammt, was ist die Steigerung von beeindruckt? Was passiert da? Diese Stimme! Diese Lieder! Mein Gott, jetzt sitze ich hier vor diesem kleinen Computer mitten in der Nacht und fühle mich so unglaublich ...

berührt! Und mehr! Gerade im Moment läuft der Refrain von "Norden der Welt". Unfassbar! "Ich sang die ganze Zeit von dir" als Opener, "So soll es sein" direkt im Anschluss, "Was den Himmel erhellt" direkt danach.

Alles unglaubliche Lieder. Schon jetzt! Ist es überhaupt möglich, acht Lieblingslieder von ein und derselben Band zu haben? Geht so was? Und selten zuvor wurde das gesungene Wort so vorgetragen, dass man Thees Uhlmann bescheinigen MUSS, dass er jedes Wort gelebt hat.

Jeden Buchstaben. Diese Platte wächst! Wohin, ist momentan noch gar nicht abzusehen. Mein Herz hat sie längst erreicht. Und das ist jetzt, in dieser Nacht, erstmal die Hauptsache ... (43.56) (10/10)