PUNK IM DSCHUNGEL

Im Sommer 2007 lief im ZDF verblüffenderweise eine Reihe von Filmen über Punkrock, und darunter befand sich auch Andreas Geigers Doku "Punk im Dschungel - Pang nat det" (letztere drei Worte sind Indonesisch für "Punk's not dead").

Für diesen begleitete Geiger und die Kameraleute Bernadette Passen und Henrik Peschel (ja, der "Rollo Aller"-Regisseur) die aus dem schwäbischen Burladingen stammende Crustpunks CLUSTER BOMB UNIT Ende 2006 auf einer Tour durch Indonesien.

Der Film beginnt mit Aufnahmen von der winterlichen schwäbischen Alb, wo CBU, die seit Ende der Achtziger schon ihren von DISCHARGE, AMEBIX, CONFLICT, CRASS und Co. beeinflussten Hardcore spielen, ihre letzten Reisevorbereitungen treffen.

Recht bürgerliche Existenzen haben die sich mittlerweile aufgebaut, Haus, Oma, Kinder, Katzen sind im Bild, und zwar wurden die Ideale den Umständen angepasst, aber bewahrt. Und auch wenn der politische Brüllcore in diesem ländlichen Umfeld fehl am Platze erscheint, so sind CBU doch absolut integriert, keine coolen Säue aus der Großstadt, und reden tun sie auch, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist - da hat der Filmemacher noch eben Untertitel druntergesetzt ...

Mit den CBUs staunt man dann die nächsten 80 Minuten über die seltsame Welt, die sich da hinter Brieffreunden und MySpace-Kontakten in Indonesien versteckt: Ein Spiegelbild der eigenen nämlich.

Statt erzkatholischer Oma gibt's hier muslimische Eltern, die misstrauisch, aber wohlwollende die Punkrock-Aktivitäten ihrer Sprösslinge beobachten, D.I.Y., Food not Bombs und riesige Punkfestivals gibt es, ja es erschließt sich das Bild einer sehr reflektierten, wohlorganisierten urbanen Gegenkultur, die mindestens so vielfältig ist wie die Szene hierzulande.

Punk ist nicht tot (zumindest nicht in Indonesien), sondern als Idee lebendiger, als sich das ein Malcolm McLaren jemals hätte vorstellen können, und es sind all die Interviews mit den Aktiven der dortigen Szene, die enorm ermutigen, dass Punk eben doch eine ungeheure Macht zur positiven Veränderung von Lebensumständen hat - auch unter den erschwerten Bedingungen eines Schwellenlandes wie Indonesien, wo politsche Freiheit erst seit zehn Jahren existiert.

Etwas irreführend ist allein der plakative Titel, denn im Dschungel ist die Band nur einmal bei einem kleinen Ausflug - sonst sind vor allem ärmliche Großstadtviertel im Bild. Eine sehenswerte Dokumentation, der als Bonus eine CD-Compilation mit Tracks sowohl von CBU wie einiger indonesischer Bands enthält.

Was der Film allerdings auf Nuclear Blast macht, ist eine ganz andere Frage. Okay, das Label kommt wie CLUSTER BOMB UNIT aus dem Schwäbischen und wurde ungefähr zur gleichen Zeit gegründet wie die Band, doch heute veröffentlicht Herr Staiger, von AGNOSTIC FRONT mal abgesehen, kaum eine erträgliche Band mehr.

Vielleicht war es ja die Nostalgie, die den Unternehmenslenker übermannte, denn einst machte er ja (so circa bis 1990) ein recht cooles Hardcore-Label.