STEVEN WILSON

Insurgentes

Im ersten Moment will einem die Notwendigkeit eines Steven Wilson Solo-Albums nicht so recht einleuchten, denn schließlich bestimmt der Mann eh allumfassend die Geschicke seiner Band PORCUPINE TREE, wo soll also der große Unterschied sein? Aber Wilson ist immer noch für Überraschungen gut, das beweist dieses Album deutlich, welches PORCUPINE TREE-Fans nicht unbedingt verschrecken wird, aber mehr mit den atmosphärischen Sounds seines anderen langjährigen Projekts NO-MAN zu tun hat, wenn auch deutlich rockorientierter ist.

„Insurgentes" eröffnet mit „Harmony Korine" (was der Song mit dem „Gummo"-Regisseur genau zu tun hat, kann ich ohne Texte gerade nicht weiter ergründen), mit Abstand das Beste, was Wilson in den letzten Jahren aufgenommen hat, ein eher gemächliches Midtempo-Stück, nicht weit von PT entfernt, das sich zu einer beeindruckenden dichten wie druckvollen Wall of Sound steigert, deren hymnische Melodiösität kaum mitreißender sein könnte.

„Abandoner" danach ist wesentlich ruhiger und minimalistischer und erinnert fast etwas an AIR, wäre da nicht das Feedback-lastige Finale, wo Wilson quasi den Bogen zum Ambient-Doom-Metal einer Band wie NADJA spannt.

Diese Tendenz wird dann bei „Salvaging" noch deutlicher, ein weiterer Höhepunkt von „Insurgentes", ein groovendes Biest von Freestyle-Rock, bei dem Doom-Metal und Psychedelic-Rock eine interessante Symbiose eingehen, um dann in eher esoterischen Gefilden zum Ende zu kommen.

Mit „Insurgentes" dürfte Wilson dem facettenreichen avantgardistischen Schaffen von erklärten Vorbildern wie KING CRIMSON erstaunlich nahe gekommen sein, was sich auch auf die Vorliebe von Robert Fripp für atmosphärische Ambientsounds bezieht, hat aber gleichzeitig ein Album aufgenommen, das bezüglich seiner klanglichen und ästhetischen Dimension alles andere als nostalgisch ausgefallen ist.