39 CLOCKS

Zoned

Was manche Labels so als wiederveröffentlichungswürdig erachten ... Da musste ich auch erst mal tief in der Erinnerungskiste wühlen, aber stimmt ja, die 39 CLOCKS waren mir mal vor einer halben Ewigkeit in den späten 80ern im Zusammenhang mit What's So Funny About und der Spex untergekommen, dort hatte seine Penetranz Diedrich Diedrichsen das erste Review über die Band geschrieben und steuert bei dieser Zusammenstellung auch die Linernotes bei.

Später hatte ich dann sogar mal ein Review über „Stretching Things" von THE COCOON verfasst, ein 90er-Jahre-Projekt von 39 CLOCKS-Sänger/Bassist/Gitarrist Jürgen Gleue, der Ende der 80er das Swamp Room Label gegründet hatte, das 1994 Willem Kucharzik übernahm.

Lang ist's her, und da stellt sich natürlich die Frage, welche Relevanz die Hannoveraner überhaupt noch besitzen, die damals zusammen mit Bands wie SHINY GNOMES, MULTICOLOURED SHADES oder KASTRIERTE PHILOSOPHEN Wegbereiter eines deutschen Neo-Psychedelic-Sounds waren.

1980 erschien ihre erste Single, 1987 ihr endgültig letztes Album „13 More Protest Songs", das schon wieder Teil einer Reunion war, denn eigentlich hatten sich die 39 CLOCKS bereits 1983 aufgelöst.

Und 1993 hatte WSFA sogar mal eine „Best Of"-CD auf den Markt geworfen. 1976 hatten sich Jürgen „J.G.39" Gleue und Christian „C.H.39" Henjes (Gitarre, Orgel, Gesang) ursprünglich gefunden und produzierten in Folge einen von 60s Beat, SUICIDE und VELVET UNDERGROUND beeinflussten Sound, der durch seine Primitivität und dilettantische Note heutzutage vielen Leuten die Trommelfelle platzen lassen dürfte - „primitive Rock'n'Roll" eben, inklusive eines grenzwertigen Umgangs mit der englischen Sprache.

„I wear my sunglasses after dark" war dabei Teil des Coolness-Pakets des schwarz gekleideten Kern-Duos, die auch immer für einige Skandälchen bei ihren Auftritten sorgen konnten, als sie zum Beispiel 1979 im Rahmen der Dokumenta auftraten und dort im hohen Bogen rausflogen, weil sie Beuys mit ihrem Lärm belästigt hatten.

Was man hier in umgekehrter chronologischer Reihenfolge über 18 Stücke geliefert bekommt, ist manchmal überraschend brillant, manchmal auch nur eine noch extremere, quälendere Version des frühen VU-Sounds, als ja bis auf John Cale niemand in der Band wirklich sein Instrument beherrschte.

Hier kommt noch ein ganz schlimmer Drumcomputer hinzu, was manchmal fast an WALL OF VOODOO erinnert, nur fehlt bei 39 CLOCKS deren hohes Tempo. Dabei könnten 39 CLOCKS auch als Vorläufer von SPACEMEN 3 durchgehen, deren erstes Album „Sound Of Confusion" ja auch noch unter einer gewissen Primitivität litt.

Vergleicht man 39 CLOCKS allerdings mit Weggefährten wie den MULTICOLOURED SHADES und ihren griffigen Songs (ihre Version von „96 tears" ist immer noch ein echter Hit, ebenso wie der Rest ihrer ersten EP) hat der Großteil ihres Materials doch sehr an Reiz verloren - man muss schon ein echter Fan von solchem Höhlenmenschen-Neo-Psychedelicrock sein, um diese Platte unbeschadet durchzustehen.

Ganz klar echte Pionierarbeit in musikalisch nicht immer überzeugendem Gewand, darunter mit der ersten Single „DNS" ein ewiger Klassiker im 39 CLOCKS-Gesamtwerk, an dem der Zahn der Zeit komischerweise nicht so extrem genagt hat.