EDGAR LEND

Gettin' Stranger All The Time

Bereits letztes Jahr erschien Edgar Lends Debütalbum als CD auf dessen eigenem Label Böser Hund und erstaunlicherweise hat der von mir ansonsten doch hoch geschätzte Kollege Alex Strucken dieses Werk damals mit gerade einmal sechs kärglichen Punkten bedacht.

Das schreit meines Erachtens nach Rehabilitation, denn ich bin durchaus der Meinung, dass dem aus Bayern stammenden Neu-Potsdamer ein großer Wurf gelungen ist! Mit enormer Hingabe, Energie und viel Liebe zum Detail bekommen hier nämlich sämtliche rohen und urwüchsigen Undergroundmusik-Stilarten der 40er, 50er und frühen 60er Jahre auf denkbar authentischste Art Tribut gezollt, so dass es einem regelrecht die Sprache verschlägt.

Mit dem düsteren „Living corpse" wird die Scheibe in bester CRAMPS-Manier sehr würdig eröffnet und es nimmt nicht groß Wunder, dass der gute Herr Lend diesen Release in besonderem Maße Lux Interior gewidmet hat.

Von dort geht es gleich nahtlos weiter mit dem ungemein groovenden, an Bo Diddley gemahnenden Rhythm'n'Blues-Stomper „She's the one", bevor die Platte mit dem wahnwitzig-manischen Sixties-Punk-Fetzer „Take a knife" ihren ersten Höhepunkt erreicht.

Der kleinen Sensationen gibt es hier allerdings zu viele, um sie alle einzeln zu erwähnen, stellvertretend seien lediglich der „Teenage Shutdown"-artige Danceraver „Y&M" und der schwer psychedelische Mindblower „The phantom" genannt, welcher mittels eines gewaltigen Feedback-Gewitters in die tiefschwarze Countryballade „I will die, my darling, I will die" überleitet - ehrlich, großes Tennis das! Das total fertige Schlussstück „Oorshry tetrapack", dessen Text nur aus den beiden verzweifelt geschrienen Zeilen „I need love" und „I hate myself" besteht, verfügt dann sogar noch über eine leichte New Wave-Komponente.

Die Scheibe gibt es übrigens nur als 180 Gramm schweres Vinyl plus beiliegender CD (inklusive Videoclip!) für die mp3-Player-mäßige Verwurstung. Absolut großartig!