BILLY BRAGG

Volume 1

Über Billy Bragg soll ein Fan in den USA mal gesagt haben „He’s kinda cute for a communist“, und ich glaube, das war als Kompliment gemeint. Bragg, Engländer, Jahrgang 1957, gründete wie so viele andere auch 1977 eine Punkband, ging 1981 zur Armee, bemerkte aber schnell, dass das ein Fehler war, und verließ sie wieder, um sich fortan lieber mit einer Gitarre bewaffnet für das Gute einzusetzen.

Bragg, dessen erstes Album „Life’s A Riot with Spy Vs Spy“ 1983 erschien, war und ist ein überzeugter Linker, der in den Achtzigern auch Konzerte in der DDR spielte, es aber letztlich schaffte, den Vereinnahmungsversuchen der Parteifunktionäre zu entgehen.

Und nach der Wende von 1989 sah man dann sowieso vieles anders, gerade als überzeugter Linker. Sein Debütalbum wurde schnell ein Klassiker, trotz der Beschränkung auf Gitarre und Gesang auch unter Punks und sonstigen Fans lauter Musik.

Mit „A new England“ hatte er einen ersten Hit, wie später Kirsty MacColl mit ihrer Coverversion. „Brewing Up With Billy Bragg“ folgte 1984, „Talking With The Taxman About Poetry“ 1986, und diese drei Alben sowie „The Internationale“ von 1990 (mit „Die Internationale“ als Opener) finden sich in dieser wunderschön aufgemachten Box.

Erstaunlicherweise fehlt das „Workers Playtime“-Album von 1988 in der Box, ist aber anderweitig als Rerelease erhältlich. Ergänzt werden die Originalalben jeweils um Bonus-CDs mit weiteren Songs aus der Zeit des jeweiligen Albums, und on top gibt es noch zwei DVDs, auf denen man unter anderem Mitschnitte des Fernsehens der DDR bewundern kann – höchst skurril! Beschäftigt man sich im Detail mit den Texten und deren Hintergründen, ist man schnell bei den großen Konflikten der Achtziger – neben der Konfrontation der Supermächte und deren Auswirkungen auf ein Land wie Nicaragua (siehe „Nicaragua Nicaraguita“) waren das für Bragg als Engländer auch die Umwälzungen in seinem Heimatland, etwa der Bergarbeiterstreik und der Protest gegen die „Poll Tax“, alles Projekte der erzreaktionären Premierministerin Thatcher.

Da die Box „Volume 1“ betitelt ist, folgt logischerweise bald „Volume 2“, die sich dann mit seinem Schaffen in den Neunzigern befasst. Wem die Box für den Anfang zu mächtig ist, der sollte zumindest mit der „Must I Paint You A Picture?“-Doppel-CD einen Einstieg wagen.