TUBERS

Anachronous

Was macht eigentlich Dischord? Das einst sehr geschätzte Label ist heute nur noch mit „Traditionspflege“ beschäftigt, poliert die unbestritten grandiosen Releases der Achtziger und Neunziger auf und lebt von der Vergangenheit.

So verdienstvoll das Schaffen einst war, so irrelevant ist Dischord für die heutige Szene geworden, neue Releases hat man seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, und das kann nicht daran liegen, dass es in D.C.

und Umgebung keine brauchbaren Bands mehr gibt. Von dort kommen die TUBERS zwar nicht, so dass sie so oder so keinen Dischord-Deal hätten erwarten können, aber musikalisch kommen ein paar der Vorbilder der Band aus St.

Augustine in Florida ganz klar aus der US-Bundeshauptstadt. So gesehen ist es also ganz schön retro, was Rich Diem, der einst bei TWELVE HOUR TURN spielte, hier mit seinen Mitstreitern (die einst unter anderem bei STRIKEFORCE DIABLO, TRUE NORTH und ASSHOLE PARADE waren) aufgezogen hat.

Verzweifelter, heiserer, wütender Gesang trifft auf komplexe Rhythmik à la FUGAZI, LUNGFISH und Co., auf dröhnenden Gitarren und blubbernden Bass, WIPERS und NIGHTMARCHERS kommen hier in den Sinn, durchaus auch FUCKED UP! und ganz entfernt AGAINST ME!, so dass man unter dem Strich feststellen muss, dass der Tag, an dem mich ein No Idea-Release enttäuscht, noch fern ist.

Ohne das Label aus Gainesville wäre die US-Punk-Szene definitiv um vieles ärmer. „Anachronous“ – ein perfekter Albumtitel, aber wen kümmert schon, was eine Mainstreamkultur für anachronistisch hält?