RPM

Martina Lenzin

Nach Punk kam Post-Punk, es wurden andere Fragen gestellt, Punk mit anderen musikalischen Mitteln weitergeführt, der intellektuelle Überbau erst geschaffen – nach dem Urknall 1976/77 entwickelte sich alles in zig verschiedene Richtungen, was einem heute, da man mit den Hinterlassenschaften dieser explosiven kreativen Entwicklung in zig mehr oder weniger etablierten Subgenres zu tun, oft kaum noch bewusst ist.

Martina Lenzin, Jahrgang 1980, singt und spielt selbst in einer Band, den HONEYHEADS, und sie versucht mit RPM zu ergründen, was damals, in der Zeit rund um ihre Geburt, in England eigentlich passiert ist.

Sie tut das mit Schwarz-weiß-Zeichnungen, die hastig skizziert wirken und mich handwerklich wie künstlerisch nicht wirklich ansprechen, aber in der Kombination mit den Texten zu zwei parallelen Handlungsläufen durchaus einen Reiz entwickeln.

Es ist also die Story, der Inhalt, der für mich in diesem Comic klar im Vordergrund steht: Im England des Jahres 1979 – Thatcher wurde gerade ins Amt gewählt, das Land macht massive gesellschaftliche Umwälzungen durch – gründet Tin erst ein Fanzine und dann ein Label aus Begeisterung für die (fiktive) Band THE DOES.

Er erschließt sich die Möglichkeiten, alles selbst zu machen, eine D.I.Y.-Lehrstunde in Reinkultur, vor dem politischen Hintergrund jener Zeit, es wird einem deutlich, worin das Neue bestand, das (Post-)Punk für die (Re-)Produktion von Kultur brachte, und ergänzt wird diese Geschichte durch ebenso fiktive Interview-Szenen aus der Gegenwart, in denen eine junge Journalistin den alt gewordenen Tin über seine Beweggründe, Ideen und Ideal erzählen lässt – Ähnlichkeiten zu Factory Records sind wohl kein Zufall.

Musik-Geschichte mal anders – lesenswert.