CHUCK RAGAN

Covering Ground

Es klingt ketzerisch, aber es könnte der Tag kommen, da man gar nicht mehr so traurig wäre, wenn HOT WATER MUSIC beschließen sollten, es bis auf weiteres dranzugeben. Nun steht von denen demnächst ein neues Album an, diese Sorge muss einen also nicht akut umtreiben, aber mal ehrlich, außer Pflichterfüllung auf hohem Niveau ist nicht mehr zu erwarten, Stagnation also.

Neu und aufregend und mindestens genauso emotional packend ist auch beim dritten Album noch das, was HWM-Frontmann Chuck Ragan „with a little help from his friends“ macht. Mit der Wut eines ewigen Punks im Bauch macht er das, was einst schon Woodie Guthrie tat (remember, der Urvater des Folk-Protest-Songs, der auf seiner Gitarre den Sticker „This machine kills fascists“ kleben hatte), nämlich inbrünstig Lagerfeuerlieder anstimmen, die alles andere als lahmarschige Pfadfinder-Fahrtenlieder sind.

Er hat eine Stimme, die mitreißt, er hat die Songs, seine Inhalte zu transportieren, und so ist auch „Covering Ground“ wieder eine kleine Offenbarung, auf der Ragan hier und da verdächtig nach Springsteen klingt.

Menschen, die es gerne sortenrein haben, die entweder Bluegrass oder Country oder Folk haben wollen, werden freilich auch diesmal nicht warm werden mit Chuck & Co., mischt der doch freizügig die verschiedensten Sorten uramerikanischer Musik zusammen.

Kunst darf das, muss das, nur so entsteht Neues, und ich bin gespannt, wie man musikhistorisch in einigen Jahren das abhandeln wird, was sich da ab der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts aus der US-Punk-Szene heraus entwickelt hat.

In der Mainstream-Wahrnehmung sind Ragan und Co. nämlich noch längst nicht angekommen – und es ist fraglich, ob das überhaupt wünschenswert wäre. Bleibt nur noch die Feststellung, dass „Covering Ground“ ein wundervolles Album geworden ist.