STEVEN WILSON

Grace For Drowning

Vor zwei Jahren erschien mit „Insurgentes“ das erste richtige Soloalbum des PORCUPINE TREE-Frontmanns Steven Wilson, und man fragte sich im ersten Moment: Wieso? Aber Wilson machte darauf schnell deutlich, dass er sehr wohl in der Lage war, sich vom inzwischen reichlich eingefahrenen Sound seiner Hauptband zu emanzipieren und innovative Musik zu schaffen, die natürlich ebenfalls stark geprägt war von seiner Vorliebe für Bands wie KING CRIMSON und generell den Progrock der Siebziger, aber sich als wesentlich experimentierfreudiger herausstellte.

Mit „Grace For Drowning“ folgt „Insurgentes“ jetzt quasi die Konzeptalbum-Keule, bei der Wilson offenbar vorhatte, eine Art KING CRIMSON-Gedächtnis-Album zu schaffen und deren unterschiedliche Phasen von Psychedelic- über Jazz- bis hin zu Alternative-Rock aufzuarbeiten, inklusive einiger typischer PORCUPINE TREE-Momente, vor allem bezüglich deren plakativer Melodiösität.

Das klingt vielleicht zuerst etwas einfallslos, aber wenn man „Grace For Drowning“ einige Male gehört hat – und man kann die insgesamt zwolf Stücke wirklich verdammt oft hören – gewinnt man immer mehr die Gewissheit, dass Wilson hier ein beeindruckend vielschichtiges Stück Musik – möglicherweise sogar sein bisheriges Meisterwerk – mit durchweg fantastischen Instrumentalparts gelungen ist, virtuoser Rock in seiner kunstvollsten Form, der gleichzeitig auch ein breites emotionales Spektrum auslotet.

Denn hier findet ein stetiger Wechsel von sanft-harmonisch hin zu brachial-bedrohlich statt, ohne dass das der Homogenität des Albums schaden würde. Insofern würde die Frage von vor zwei Jahren inzwischen lauten: Wieso sollte der Mann eigentlich überhaupt noch mal ein Album mit PORCUPINE TREE aufnehmen?