TIDAL SLEEP

s/t

Emo as Emo can get. Diese fünf Worte sagen eigentlich schon alles zum Debüt der süddeutschen Band. Die selbstbetitelte Platte lebt vor allem von dem voluminösen und mit unzähligen Feinheiten gestrickten Klangteppich der Gitarre, der wie eine Welle – um bei der Ästhetik des Artworks und der Meeres-Metaphorik, der Texte zu bleiben – das Album umspült.

Ein flächiger Hauch aus Shoegaze, der mit mehreren Gitarrenspuren und Spielereien, die den Effektgeräten entlockt wurden, verfeinert wurde, breitet sich über die Lieder aus, und dabei lassen sich immer wieder neue, filigrane Nuancen entdecken.

Die Instrumente treten stellenweise sehr reduziert auf und öffnen Raum für mehr oder weniger gesprochene Passagen, die dann von wuchtigen Brandungen aus Bass und Schlagzeug eingeholt werden.

Dieses ergreifende Auf und Ab zieht sich wie ein roter Faden durch die Platte, womit THE TIDAL SLEEP ein dramatisierendes Wechselspiel von feinen, ruhigen und brachialen, aufwühlenden Momenten erschaffen.

Die Ausbrüche und das Infernale bauen sich langsam auf, und gerade wenn man das Kernige vermisst und auf ein Überkochen der Emotionen wartet, explodiert es regelrecht. THE TIDAL SLEEP kreieren trotz allem keinen übertrieben epischen Sound, die Texte triefen nicht vor Pathos und Kitsch oder wurden besonders kryptisch geschrieben.

Viel mehr bohren sich die markanten Zeilen mit einer ergreifenden Verzweiflung ins Gehör, getragen von einem Geschick für weitläufige Strukturen, die ohne auszuufern präzise im richtigen Moment ihre Dynamik, mal als mitreißende Flut, mal als aufatmende Ebbe, entfalten und dabei eine Atmosphäre generieren, die mit Schärfe ins Mark trifft.

Zweistimmig, verzweifelt und atemlos „You let me bleed out lonely, so I can bleed out slowly“ zu ächzten, packt jeden, lässt niemanden kalt und genauso so muss Emo sein. Keine „Hoffnung des Hardcore“ oder sonstiger Quatsch, sondern Musik, die das Innerste mit trauriger Rohheit nach außen drückt und einen aufgewühlt stranden lässt.