DER PLAN

Geri Reig

1979 wurde WELTAUFSTANDSPLAN von Moritz R(eichelt), Kai Horn und Frank Fenstermacher (startete das ata tak-Label, spielt bei FEHLFARBEN) gegründet, die ersten Aufnahmen – eine auf einem Diktiergerät mitgeschnittene 7“ – entstanden bereits ohne Horn, aber mit Chrislo Haas und Robert Görl (beide DAF), später stieß noch Kurt „Pyrolator“ Dahlke zur Band und übrig blieb DER PLAN.

Die Düsseldorf/Wuppertal/Solinger-Musikszene war seinerzeit, wie man unschwer erkennt, sehr inzestuös, die paar wenigen Leute, die sich hier musikalisch im ausklingenden ersten Punk-Eifer verwirklichten, spielten in verschiedenen Bands gleichzeitig beziehungsweise wechselten lustig hin und her.

Dass aus dem mit teils naiv wirkender Elektronikbegeisterung fabrizierten Sound auf „Geri Reig“ letztlich ein Teil der „Neuen Deutschen Welle“ wurde, zeigt eindeutig, wie sehr deren spannender Ansatz von Trittbrettfahrern und Musikbusiness in Richtung Schlager pervertiert wurde.

Als „experimentell“ wird das Album immer wieder bezeichnet, und das ist eine gern genommener Ausdruck, wenn man sich eigentlich am Kopf kratzend fragt, was sich die Künstler dabei gedacht haben.

Für mich klingt es danach, was es damals wohl auch war: Ein paar Jungs Anfang 20 kümmern sich einen Scheiß um alle musikalischen Konventionen und experimentieren mit wirr wirkenden Texten, verzerrtem Gesang, Instrumentierung mit digitalen (Synthie) wie analogen (Akkordeon) Tasteninstrumenten und schaffen damit einen anarchisch-trashigen Sound, der zur richtigen Zeit die richtigen Fragen stellte und – deshalb Punk – dem konventionellen Rock belustigt vor die Füße spuckte.

Wie „anhörbar“ man das über 30 Jahre später findet, ist eine andere Frage. Die Neuauflage des Album in Kooperation von ata tak und Bureau B kommt mit sechs Bonustracks. Ebenfalls neu aufgelegt wurde das „Normalette Surprise“-Album von 1981, eine Platte mit dem Zusatztitel „14 elektronische Schlager“, der die Ende 1980 erschienene Single „Da vorne steht ’ne Ampel“ (ist unter den acht Bonustracks) vorangegangen war.

Hier kann man schon eher erahnen, dass man es mit der gleichen Band zu tun hat wie jener, die es 1984 dann auch in die „amtliche“ Musikclip-Sendung „Formel 1“ schaffte mit dem textlich immer noch genialen „Gummitwist“.

Und wenn ich mich eben über die „Verschlagerisierung“ der NDW geäußert habe, so ist der Zusatztitel dieser Platte sicher Teil des „Problems“ gewesen: sich in ironisierender Weise mit etwas zu beschäftigen, ist eben etwas anderes als das unverständige Aufgreifen eines solchen Themas, auf das DER PLAN wohl durch die Schlagerbegeisterung des mit der Band befreundeten US-Experimentalkünstlers Boyd Rice kam.

Zwischen Hubert Kah und DER PLAN liegen Welten. War das Debütabum „Geri Reig“ noch weitgehend unverdaulich, so ist „Normalette Surprise“ schon beinahe Mainstream, ein Stück wie „Einfachheit, Brot, Klarheit, Liebe, Tod“ (Single von 1982) ist tanzbar und groovy – man erahnt, wie neu und innovativ das hier seinerzeit gewesen sein muss.

So neu, dass der Einfluss der Düsseldorfer wie der von KRAFTWERK und DAF sich bis heute auswirkt. Die „richtige“ Version der beiden Alben, die mir nicht vorliegt, enthält wohl ein umfangreiches Booklet mit Fotos und Linernotes von Carsten Friedrich (SUPERPUNK).