JON SPENCER BLUES EXPLOSION

Meat And Bone

Wenn eine Band acht Jahre lang nicht in Form eines neuen Albums von sich hören lässt, sei sie in dieser Zeit nun aufgelöst gewesen sein oder nicht, erzeugt das eine nicht zu unterschätzende Erwartungshaltung.

Dazu muss man allerdings anmerken, dass die BLUES EXPLOSION schon vor einiger Zeit wieder ihre Touraktivitäten aufgenommen hatte. Und Frontmann Jon Spencer hatte auf dem eigenen Label Shove! einige alte Platten wiederveröffentlicht, darunter auch die seiner früheren Band PUSSY GALORE.

Insofern ist die BLUES EXPLOSION jetzt wie so viele altgediente Bands ein weltweit recht unabhängig agierendes Kleinunternehmen, dem bei der Veröffentlichung des neuen Albums „Meat And Bone“ von Bronze Rat aus England unter die Arme gegriffen wird, die auch schon zwei Alben von HEAVY TRASH herausgebracht hatten, der Band von Spencer und Matt Verta-Ray.

In den letzten Jahren entstand sowieso häufiger der Eindruck, Spencers Fokus würde mehr auf HEAVY TRASH als auf der BLUES EXPLOSION liegen, während seine Kollegen Russell Simins und Judah Bauer ebenfalls eigenen Projekten nachgingen.

Gestartet war die BLUES EXPLOSION einst in direkter Nachfolge von Spencers Band PUSSY GALORE als postmoderne Alternative zur sonstigen Garagerock-Ödnis, bei der der Rock’n’Roll in seine Einzelteile zerlegt wurde, um ihn dann wieder irgendwie zusammenzuschrauben.

Diese Arbeitsweise sicherte den frühen BLUES EXPLOSION-Werken wie „Crypt-Style“ (1992), „Extra Width“ (1993) und „Orange“ (1994) den Status einer ungemein frischen, wilden und originellen Aneignung amerikanischer Traditionsmusik.

Die fand ihren Höhepunkt dann 1996 mit dem Album „Now I Got Worry“, das man als direkte Folge ihrer Zusammenarbeit mit der Blues-Legende R.L. Burnside auf „A Ass Pocket Of Whiskey“ ansehen konnte, denn so traditionell bluesig hatte das basslose Trio bis dahin noch nicht geklungen.

Es folgten mit „ACME“ (1998), „Plastic Fang“ (2002) und „Damage“ (2004) drei weitere Platten, an denen sich nicht nur die Geister der Garagerock-Puristen schieden, sondern auch die der JSBX-Fans, aufgrund nicht immer ganz geglückter Versuche, mit Mainstream und Popkultur anzubandeln, sei es durch den Einsatz von Elektronik, die Produzentenwahl oder die anwesenden Gastmusiker.

Dagegen wirkt „Meat And Bone“ jetzt wieder deutlich bodenständiger, zumal die Platte selbst produziert und von dem Trio alleine eingespielt wurde. Man klingt wild und rotzig wie in der Frühzeit, schichtet Gitarren- und Schlagzeug-Spuren in extrem verdichteter Form übereinander, hat aber offenbar mehr Spaß an coolen Sounds als an hochklassigem Songwriting, wo die unerreichte Messlatte für mich nach wie vor „Now I Got Worry“ heißt.

Und wer darin ein roh tosendes Aufeinandertreffen von ROLLING STONES und BEASTIE BOYS sieht, liegt damit nicht unbedingt falsch, ist die Vorliebe von Simins und Spencer für HipHop ja kein großes Geheimnis.

Mein Lieblingsalbum der BLUES EXPLOSION wird „Meat And Bone“ dadurch sicher nicht, aber es gibt dennoch gerade kaum eine andere Band, die dem Rock’n’Roll dermaßen heftig in den Arsch tritt und dabei immer zu einem ungemein charakteristischen, sofort wiedererkennbaren Sound findet.