TITLE FIGHT

Floral Green

Nachdem „Shed“ die Kulmination nach acht Jahren Bandgeschichte darstellte – acht Jahre, in denen TITLE FIGHT der Welt zwar eine Vielzahl EPs bescherte, aber nie den entscheidenden Schritt wagten, ein Album aufzunehmen –, waren sicherlich einige gespannt darauf, inwiefern diese Veröffentlichung einen erleichternden Trigger-Effect mit sich ziehen sollte.

Doch niemand rechnete wohl im Ansatz mit einem Nachfolger nur 15 Monate später. „Floral Green“ erscheint nun erneut über Side One Dummy und es ist das Album, welches die deskriptiven Adjektive und freudegetränkten Attribute in Richtung Superlativ preschen lässt: Die Übergänge sind homogener, die Texte noch ein Stück ehrlicher und entschlossener, die Kanten verschrobener, und die fragilen und gelassenen Gitarrenspielereien ausufernder als je zuvor.

Da, wo es „Shed“ an einem stimmigen Gesamtbild fehlte, gehen die Songs auf „Floral Green“ immer einen Schritt weiter. Obwohl in jedem Song die Disharmonie bis zum Verdruss vorhanden ist, haftet ihnen zu jeder Zeit ein Willkommensgefühl an.

Man schließt sie bei aller Melancholie, Zerissenheit und der umtriebigen JAWBREAKER-Grundstimmung in sein Herz. Die Eingängigkeit von früheren Songs wie „Memorial field“ oder selbst „Shed“ ist keine klassische Eingängigkeit mehr, sondern erst auf dem zweiten Blick entschlüsselt man die kleinen, aber infizierenden Melodien.

Durch das jetzt dichtere Soundbild und durch die leicht unterlegte LoFi-Ästhetik sind die Songs ein wenig unzugänglicher, aber nicht weniger ohrwurmlastig. Auch wenn durch die höhere Sounddichte sich kein Hit im typischen Sinne ausmachen lässt, wirken Songs wie „Secret society“ mit waberndem Bass-Intro oder der Opener „Numb, but I still feel it“ ausdifferenzierter und präziser arrangiert.

Die direkte Konsequenz ist, dass man schnell merkt, wie hoch die Halbwertszeit von „Floral Green“ ist. Gegenüber den aufbäumenden, treibenden Gitarrenwänden, wirkt das atmosphärische „Head in the ceiling fan“, welches ein Stück weit das Pendant zu „Crescent-shaped depression“ ist, fast schon komplementär.

Ähnlich ausufernd und angenehm fragil wie gelassen steuern „Lefty“ und „In-between“ in Richtung Ende. Sie schaffen Raum und atmen reichlich RIVAL SCHOOLS-Luft (auch wenn Walter Schreifels diesmal nicht seine Finger im Spiel hatte).

Passend dazu greifen die beiden Stimmen von Ned Russin und Jamie Rhoden wie ein Zahnrad in das andere. Neds Organ ist beispielsweise in Stücken wie „Like a ritual“ oder „Sympathy“ noch druckvoller und zwingender.

Bei letzterem Lied unterstreichen dies auch die von Grund auf ehrlichen, trockenen und entschlossenen Lyrics: „I never wanted sympathy, just wanted to be something.“ Jamie hingegen gibt sich entspannt den verschnörkelten Melodien hin.

TITLE FIGHT holen mit „Floral Green“ aus, halten aber inne. Sie schreiten forciert voran, aber ohne sich zu übernehmen, und bleiben nach wie vor die lokale und bodenständige Hardcore-Band aus Kingston.

Zwischen den Stühlen von QUICKSAND, alten SMALL BROWN BIKE, LIFETIME und der Eigenvorlage „Shed“ perfektioniert das Quartett seinen Stil.