MUDHONEY

Vanishing Point

Mit dem Album „The Lucky Ones“ von 2008 feierten nicht nur MUDHONEY ihr zwanzigjähriges Bestehen, sondern auch ihr langjähriges (mit kleinen Unterbrechungen) Label Sub Pop. Fünf Jahre später erscheint nun „Vanishing Point“ und wieder können Label und Band ein Jubiläum bestreiten, nämlich das 25-jährige.

So lange ist es auch her, dass MUDHONEYs erste, legendäre EP „Superfuzz Bigmuff“ in Deutschland erschien, darauf enthalten das vorab als Single veröffentlichte Stück „Touch me I’m sick“, „one of grunge’s all-time classics“.

Auf der Platte stand allerdings Glitterhouse und nicht Sub Pop, denn zu dieser Zeit war das heute vor allem für Singer/Songwriter-Platten bekannte Label deren Lizenzpartner. Damit wurde Glitterhouse die deutsche Schnittstelle für den vor allem durch NIRVANA ausgelösten Grunge-Hype, bis sich Anfang der Neunziger die Majors auf diese Bands stürzten, damit auch auf MUDHONEY.

Es folgte eine Art Goldrausch mit dem bekannten Ende. Bis dahin waren Lauenförde beziehungsweise Beverungen in Niedersachsen das deutsche Seattle und veröffentlichen vor der angesprochenen Kommerzialisierung frische unangepasste Musik von und für Idealisten.

Unterstützt wurden sie von einem der damals vielleicht besten Fanzines Deutschlands, dem Howl (das vormals „Glitterhouse“ hieß), das diese Entwicklungen begierig aufgriff und sowohl was Musik als auch Film anging außerordentlich geschmackssicher war, was auch ihre Single-Beilage immer wieder deutlich unter Beweis stellte.

Man kann zwar weiterhin die Achtziger als „beschissen belangloses Jahrzehnt“ abwerten, doch was Grunge und die Folgen angeht, wurde hier der Grundstein gelegt. Aber die Zeiten ändern sich nun mal, und während eigentlich alle Bands um die konsequent schmuddeligen MUDHONEY herum Superstars wurden oder sich auflösten, nahmen Mark Arm, Steve Turner und Dan Peters (Urmitglied Matt Lukin verließ 2001 die Band und das Musikgeschäft generell) unbeeindruckt davon weiterhin feine Platten auf.

Die unterschieden sich nicht großartig von ihren ersten Veröffentlichungen, aber niemand, der NIRVANA mit „Nevermind“ kennengelernt hatte, würde MUDHONEY wohl noch mit dem überstrapazierten Begriff „Grunge“ in Verbindung bringen.

Dass wir uns nun im Jahr 2013 an einem weiteren neuen Album von MUDHONEY erfreuen können, liegt wohl daran, dass diese nie wirklich von diesem Mega-Hype profitieren konnten und die Major-Karriere nach nur drei keinesfalls schlechten Platten Ende der Neunziger wieder beendet war.

Auf kommerzielle Erwägungen scheißen sie auch mit „Vanishing Point“ wieder unüberhörbar und liefern einem in gut dreißig Minuten wie schon anno 1988/89 den passenden Soundtrack, um das Haus der Eltern niederzubrennen, auch wenn man das heute eher im übertragenen Sinne verstehen sollte.

„Die Pin-ups für stigmatisierte Außenseiter“, wie sie jemand mal nicht ganz unzutreffend bezeichnet hat, sind in ihren Mitteln auf „Vanishing Point“ vielleicht etwas subtiler geworden, eben gereiftere Musiker, aber weit entfernt von der ursprünglichen dreckigen STOOGES-Energie des ewigen Klassikers „Touch me I’m sick“ ist keiner der zehn Songs der Platte.