IGGY AND THE STOOGES

Ready To Die

Ein oberflächlicher Blick ins Inhaltsverzeichnis dieses Heftes genügt, um festzustellen, dass gut 75% der vertretenen Bands ohne den Einfluss der STOOGES nicht existieren würden. Schon 1976 bezogen sich die SEX PISTOLS auf die STOOGES, coverten „No fun“.

Anfang 1977 schloss das erste Album der DAMMNED mit dem STOOGES-Titel „I feel alright“. Nick Caves BIRTHDAY PARTY waren so sehr in die STOOGES vernarrt, dass sie ganze Sets mit STOOGES-Songs spielten.

Auch Schrotflintentester Kurt Cobain wurde nie müde, ihr Album „Raw Power“ als absolute Lieblingsplatte zu preisen. Die Bedeutung der Detroiter Protopunks für die heutige Szene sollte also keinesfalls unterschätzt werden.

Grund genug, sich mit ihrem aktuellen Album sowie dem Werdegang der Band zu beschäftigen. Gegründet 1967 von vier gestandenen Polytoxikomanen, James „Iggy“ Osterberg, den Asheton-Brüdern Ron und Scott (Gitarre/Drums) sowie Bassist Dave Alexander, spielte die Band zunächst avantgardistischen Freeform-Unsinn, der wenig mit dem späteren Sound zu tun hatte.

Elektra nahm die Band dennoch gemeinsam mit den „großen Brüdern“ MC5 unter Vertrag. Das Debüt erschien 1969, verkaufte sich irrsinnig schlecht und bot eine an Minimalismus, Schmutz und Drogenwahn kaum zu überbietende Mischung aus Acid Rock und simplen Garageriffs, voll blanker Aggression und unverhohlenem Nihilismus.

1970 erschien „Fun House“, auf dem die Band den Kurs fortführte, erweitert um Steve Mackays Saxophon. Die Tendenz dabei ging jedoch wieder hin zu Improvisationen, Solopassagen dominierten, was wohl dem immensen Drogenkonsum geschuldet war.

Dennoch ist „Fun House“ eines der härtesten, kraftvollsten und schmutzigsten Alben, das je erschien. Nach kurzer Auszeit drehte sich dann das Personenkarussell, Ron Asheton wechselte an den Bass für den gefeuerten Alexander, James Williams übernahm die Leadgitarre, die Band unterschrieb auf David Bowies Vermittlung hin bei Columbia, zog nach London, nahm dort als letzten Höhepunkt das Glampunk-Massaker „Raw Power“ auf, bevor sich die Band Anfang 1974 auflöste.

Lange herrschte Funkstille, bis 2007 ein erstes Reunion-Album erschien. „The Weirdness“, ein umstrittenes Werk, das dem Fan einiges an Langmut abverlangt, voller zäher Hardrock-Songs, ohne Feuer im Hintern, eher im Kontext der recht faden letzten Iggy-Solo-LPs einzuordnen denn als „echtes“ STOOGES-Album.

Mit „Ready To Die“ sieht es nun anders aus: James Williams hat nach dreißigjähriger Abstinenz an der Gitarre wieder das Kommando übernommen, das bekommt der Band ausgezeichnet. Man darf kein zweites „Raw Power“ erwarten, dennoch sind Qualität, Spielfreude und das ungezügelte Aggressionspotenzial enorm hoch.

Williams furioses Gitarrenspiel hat nichts von seiner Kraft eingebüßt, Iggys Texte überzeugen weniger durch Tiefgang als durch unbeholfenes Rowdytum. Ohne die drei Balladen allerdings gefiele mir „Ready To Die“ besser, trotzdem stimmt die gesamte Mischung, ein Album aus einem Guss, voller Selbstbewusstsein und auch Selbstironie.

Dem großen Namen kann es absolut gerecht werden.