GRANT HART

The Argument

Vor drei Jahren tauchte der ehemalige HÜSKER DÜ-Schlagzeuger Grant Hart nach zehnjähriger Abstinenz mit einem neuen Album namens „Hot Wax“ wieder auf der musikalischen Landkarte auf. Eingespielt wurde das von Hart weitgehend im Alleingang, teilweise unterstützt durch Mitglieder der kanadischen Bands A SILVER MT.

ZION und GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR. Da wäre das in Toronto ansässige Label Constellation eine für die Veröffentlichung nahe liegende Wahl gewesen, letztendlich brachte Hart die Platte im Vertrieb der amerikanischen Firma MVD auf seinem eigenen Label Con d’Or heraus – wie auch die Vinyl-Neuauflage seines ersten Soloalbums „Intolerance“ von 1989, ebenso wie „The Last Days Of Pompeii“, das Debüt seiner damaligen Band NOVA MOB.

Zehn Jahre hat es diesmal nicht bis zu einem neuen Album gedauert, und mit Domino hat Hart jetzt ein Label im Rücken, das eigentlich mehr auf hippen Indierock fokussiert ist als in die Jahre gekommene Punkrocker.

Zu gönnen ist dieser Support Hart, denn in letzter Zeit hatte der Mann es nicht leicht: Kurz hintereinander verstarben beide Elternteile und Anfang 2011 hat ein Feuer einen großen Teil seines Hauses in South St.

Paul zerstört. Und wer den 52-Jährigen in letzter Zeit mal auf der Bühne erlebt oder aktuelle Fotos von ihm gesehen hatte, machte sich Sorgen um seinen Gesundheitszustand beziehungsweise fragte sich, ob seine früheren Drogen-Exzesse ihn verspätet doch noch eingeholt hatten.

Möglicherweise ist das auch ein Grund dafür, dass sich Hart für „The Argument“ von John Miltons schwermütigem literarischen Hochkaräter „Das verlorene Paradies“ inspirieren ließ – neben dem Werk von William S.

Burroughs, mit dem er lange befreundet war. In Miltons epischem, vom christlichen Märchenbuch Bibel beeinflussten Gedicht geht es bekanntlich um den Sündenfall von Adam und Eva und der Vertreibung aus dem Garten Eden.

Ein Werk, das in der Popkultur bereits tiefe Spuren hinterlassen hat, denn Verweise darauf lassen sich bei Glenn Danzig, Nick Cave, FM Einheit oder CRADLE OF FILTH finden, und zum Bandnamen PARADISE LOST muss man wohl nicht viel sagen.

Ganz zu schweigen vom Milton zitierenden Serienkiller in „Sieben“ oder der „Futurama“-Episode „Parasites Lost“ – Milton ist überall. Um „The Argument“ genießen zu können, bedarf es aber keiner tiefschürfenden Textanalyse, denn Hart verweist hier ähnlich wie schon bei „Hot Wax“ auf sein exzellentes erstes Album „Intolerance“ und schwelgt in epischer Breite in für ihn typischen psychedelischen Popsongs mit Sixties-Flair, unterlegt von dominanten Orgelsounds und „gewürzt“ mit einer teilweise Bowie-esken Note und karnevalesker Überdrehtheit.

Ebenso charakteristisch schlägt hier sein alter Job bei HÜSKER DÜ zu Buche, in Gestalt seines trocken-minimalistischen Schlagzeugspiels. Eine HÜSKER DÜ-Neuauflage darf man hier genauso wenig erwarten wie bei anderen Platten von Grant – da muss man schon zu Bob Mould greifen.

Mit „The Argument“ ist Hart ein schönes Konzept-Album gelungen, das fokussierter und geschlossener die Stärken seines Songwritings erkennen lässt als der manchmal fragmentarische Vorgänger „Hot Wax“.

(Diese Band war auf der Ox-CD #109 zu hören.)