ONLY GOD FORGIVES

Wer nach „Drive“ annahm, der dänische Regisseur Nicolas Winding Refn würde jetzt von Hollywood vereinnahmt, dürfte durch seinen neuen Film „Only God Forgives“ eines Besseres belehrt werden. Zwar übernimmt auch hier Ryan Gosling die Hauptrolle, aber der spricht noch weniger als in „Drive“ und taugt sicherlich nicht als heldenhafte Identifikationsfigur, wobei „Only God Forgives“ ausschließlich von unnahbaren, unsympathischen Charakteren bevölkert wird.

Gosling spielt den Amerikaner Julian Thompson, der zusammen mit seinem Bruder Billy im thailändischen Bangkok einen Boxclub betreibt, der in Wirklichkeit ein Drogenumschlagplatz ist. Als Billy eine minderjährige Prostituierte tötet, überlässt der thailändische Polizeileutnant Chang die Klärung dieses Problems dem Vater des Opfers.

Wenig erfreut über diesen Akt von Selbstjustiz taucht die Mutter der beiden Brüder, eine moderne Lady Macbeth, in Bangkok auf, um den Tod ihres Sohnes zu rächen. Gewidmet hat Refn seinen düsteren, völlig amoralischen Rache-Thriller dem chilenischen Regisseur Alejandro Jodorowsky.

Das ergibt auch durchaus Sinn, denn die metaphysische Übersteigerung der Bildsprache in „Only God Forgives“ geht noch weit über das hinaus, was der Däne zuvor in „Valhalla Rising“ gezeigt hatte.

Er selbst sieht in „Only God Forgives“ eine Art modernen Western, aber man könnte hier auch meinen, David Lynch hätte einen frühen Film von Jean-Claude Van Damme inszeniert, der einerseits vollkommen irreal daherkommt, dann aber mit höchst verstörenden Gewaltdarstellungen wieder den Bezug zur Realität herstellt.

„Only God Forgives“ dürfte einer der inhaltlich frustrierendsten Filme der letzten Jahre sein, gleichzeitig ist er einer der visuell atemberaubendsten, der einen auch noch beim zweiten Ansehen hypnotisch in seinen Bann zieht.