DŸSE

Das Nation

Mit „Das Nation“ wollen DŸSE „Welthits bis zur Weltherrschaft“ schreiben, da ist der Albumtitel ja gut gewählt. Ob die besungene „Dysenation“ dann wirklich Utopie wird, das sei erst einmal hinten angestellt.

Tatsache ist, dass Gitarrist Andrej (aka An3) Dietrich und Drummer Jarii van Gohl (aka Jari Rebelein), beim dritten Album da weitermachen, wo sie mit den Vorgängern „Lieder sind Brüder der Revolution“ (2009) und dem selbstbetitelten Debüt (2007, beide Exile On Mainstream) angefangen haben.

Weiterhin im Mittelpunkt steht ihr komplex-rockender Noiserock, der Konventionen bricht und den man so noch nicht gehört hat. Das machen sie seit elf Jahren, nachdem sie sich im Amsterdamer Dysecatmotel begegnet sind, viele Übereinstimmungen gefunden und beschlossen haben, sich zu einem alkoholgeschwängerten Spaßprojekt zusammenzutun – mit dem Hotel als unfreiwilligen Namensgeber.

Daraus entwickelte sich schnell eine der innovativsten und spannendsten Noiserock-Bands. So wie ihre Releases einzigartig sind, so sind es auch die Gigs. Egal, ob am Strand, im Club, auf Minifestivals oder vor tausenden von Leuten: Die Konzerte werden stets mit kabarettartigen Einlagen und viel improvisiertem Blödsinn untermalt und als Support-Act für die BEATSTEAKS oder DIE ÄRZTE konnte man auch wesentlich größere Massen mit dem DŸSE-Virus infizieren.

Nun wurde der Rat von Exile On Mainstream-Boss Andreas Kohl beherzigt, sich ein größeres Label zu suchen, wenn man weiterkommen wolle. Bei Cargo fühlt man sich nun gut aufgehoben. Das ist für die Verbreitung von „Das Nation“ zwingend notwendig, da die Verbreitung des Albums selbst zwingend notwendig ist.

„Das Nation“ ist mindestens genauso gut wie sein Vorgänger, meiner Meinung nach sogar besser. Die zehn Tracks klingen, wie man sie von DŸSE erwartet: hart, laut rockend, unvorhersehbar, teils albern, teils chaotisch beim ersten Hören.

Hart, laut, rockend, eingängig, teils subtil, oft episch nach ein paar Durchläufen. Jarii und Andrej haben ihre typischen Trademarks weiter ausgebaut, was sich diesmal vor allem im Gesang und in den Hooklines bemerkbar macht, zum Beispiel in „Spinne“, dessen überlappende Sprechgesänge anfangs irritieren, bis sie mit einer großartig treibenden Gitarre/Drums-Sequenz verschmelzen.

Kaum jemand versteht es wie DŸSE, aus Wahnsinn Genie zu machen. So wie auch im onomatopoetisch betitelten Song „Die Ai Wai“, in dem mit Freuden „Mach es dir selbst!“ herausgebrüllt und somit auf herrlich alberne Weise dem D.I.Y.-Kult gehuldigt wird.

Oder wenn beim oben erwähnten Track „Dysenation“ die textlich-ironische Selbstbeweihräucherung mit anstrengendem Gitarren-Gefiedel angekündigt wird, bis kurz darauf alles in eine großartige Rockhymne umschwingt.

Auch klingt das Album fantastisch, der Sound ist organischer als früher, wobei er sich an den Vorgängern orientiert. DŸSE ziehen mit „Das Nation“ weiter schamlos ihr Ding durch und scheuen dabei wieder mal so gut wie gar nichts.

Eine Herangehensweise, die man nicht in Worte fassen kann – außer DŸSE in „Dysenation“ selbst: „Drum heb’ das Glas, schenk’ ein / Lass’ die anderen eine Schublade sein“. (Diese Band war auf der Ox-CD #113 zu hören)