SAN ANGELUS

Soon We’ll All Be Ghosts

Frank und Frederic von Arctic Rodeo gehören zu den gar nicht so wenigen Kleinstlabelbetreibern, denen man immer wieder aus gutem Grund die Frage stellen möchte: „Warum macht ihr das alles eigentlich? Aufwendige, schön ausgestattete Vinyleditionen von Bands, die zwar durchweg herausragend sind, aber kaum über Geheimtip-Status hinauskommen.

Das lohnt sich doch nicht!“ Finanziell gesehen kaum, aber wie es oft so ist in unserem Metier: Menschen machen Labels, machen Fanzines, veranstalten Konzerte, spielen in Bands aus Spaß an der Sache, aus Leidenschaft, weil sie hoffnungslose Fans sind.

Also wird die Freizeit dafür geopfert, plus oft nicht wenig Geld, um der Mitwelt irgendwas mitzuteilen, zu hinterlassen. Vinyl ist im Falle der beiden Hamburger der Quell der Leidenschaft, und Punkrock im weitesten Sinne.

Der neueste Release ist „Soon We’ll All Be Ghosts“ von SAN ANGELUS, die vom Namen her kaum jemand auf dem Schirm haben dürfte – etwas Namedropping später dürfte sich der Aha-Effekt einstellen: Larry Herweg (u.a.

PELICAN, TUSK), Kim Kinakin (u.a. SPARKMARKER, STRAIN), Mark Holcomb (u.a. UNDERTOW, SHIFT) und Jason Craig (SPARKMARKER, DUST MOTH, NARROWS) sind hier beteiligt, und über einen Zeitraum von zwei Jahren entstand dieses Album, das ich im Blindtest sicher nicht an der US-Westküste (die Beteiligten leben in Los Angeles, Portland und Vancouver – ja das ist an der kanadischen Westküste, ich weiß ...), sondern im Washington, D.C.

der Neunziger eingeordnet hätte. JAWBOX kommen mir spontan in den Sinn, GIRLS AGAINST BOYS, jener melodiöse, schwermütig groovende, eingängige und doch druckvolle Post-Emo-Rock, Post-Punk oder wie immer wir das damals nannten.

Kennzeichnend für das derzeitige Musikgeschäft ist, dass die Band das Album zunächst nur digital veröffentlichte und dann in Kleinstauflage selbst, bis eben Arctic Rodeo kam und diese „richtige“ Veröffentlichung daraus machte.

In der Zwischenzeit hat sich die Band zwar nicht aufgelöst, aber Jason und Mark sind raus, dafür ist Jahmeel Russel eingestiegen (BLACK HALOS, RED VIENNA, KITTENS) und eine neue 7“ ist zwischenzeitlich auch erschienen – sowie Videos zu allen Songs.

Arctic Rodeo hat nun den Offline-Rundumschlag gemacht und das Album auf „hautfarbenem“ Vinyl veröffentlicht, ergänzt um eine CD mit Album- wie Bonustracks sowie eine DVD mit Videoclips zu allen LP-Tracks.

Wie sich das alles rechnet? Wahrscheinlich wie so oft gar nicht. Aber darum, siehe oben, geht es auch gar nicht.