DIE SACHE MIT SORGE

Isabel Kreitz

Manche Kapitel der deutschen Geschichte glaubt man ja schon in allen Einzelheiten zu kennen – Guido Knopps „Der Hund von Hitlers Putze“-Dokus sei Dank. Doch trotz mehrerer ihm gewidmeter Reportagen und Dokumentationen ist der Deutschrusse Richard Sorge nur wenig bekannt.

Schon vor der Machtergreifung der Nazis arbeitete er als kommunistischer Spion in verschiedenen europäischen Ländern. Danach gehörte zu den wenigen prinzipientreuen Deutschen aus den Reihen des Bildungsbürgertums, die sich nicht aus Eigensinn und trotz besseren Wissens nach dem Willen der Herrschenden gerichtet, sondern sich weiterhin für ihre Sache eingesetzt haben.

Er war es, der Stalin vergeblich per Funkspruch aus Tokio über „Unternehmen Barbarossa“, den Angriff Nazi-Deutschlands, in Kenntnis gesetzt hat. Während Sorges erste Warnung noch ignoriert wurde, schenkte man seiner zweiten wichtigen Nachricht von einem Rückzug und Nichtangriff Japans an der chinesischen Front mehr Glauben.

Konsequenz daraus: Die Sowjetunion zog ihre Truppen aus dieser Gegend ab und konnte so mit voller Kraft an der Westfront gegen das Vordringen der Wehrmacht angehen. Wer weiß, was passiert wäre, wenn dieser Mann nicht gewesen wäre ...

Isabel Kreitz gestaltet diese Geschichte so, dass sie durchweg interviewartig von Zeitzeugen im Rückblick erzählt wird. Und während andere Sorge-Dokumentationen sich vordergründig auf dessen Ruf als beinharter Trinker und Weiberheld einschießen, spart sie diese Eskapaden zwar nicht aus, stellt sie aber nicht in den Mittelpunkt.

So ist ihr ein tiefgründiges und detailreiches Porträt über den Mann gelungen, der den Alliierten den entscheidenden Vorsprung lieferte und so maßgeblich zum Ausgang des Zweiten Weltkriegs beitrug.